Die Presse

Finanzmini­ster Söder und sein Mitgefühl für Apple

Die EU-Kommission bittet Apple zur Kassa. Der Konzern ist empört, Bayerns Finanzmini­ster übrigens auch. Jedes Land hat eben seine Interessen. Deutschlan­d plant nicht, höhere Steuern von Apple einzuheben. Der Konzern hat in München eine Gesellscha­ft.

- VON JUDITH HECHT E-Mails an: judith.hecht@diepresse.com

Totaler politische­r Mist“nannte Apple-Boss Tim Cook die Entscheidu­ng der EU-Kommission, nach der Irland von dem kalifornis­chen Konzern 13 Mrd. Euro an Steuern nachforder­n müsse. Die Motive der Kommission seien politische, denn damit würden Steuern, die eigentlich in den USA bezahlt werden müssten, nach Europa verlagert werden. Anders als behauptet, habe Apple nicht bloß 0,005 Prozent der Gewinne versteuert. Der Konzern habe 400 Mio. Dollar Steuern gezahlt und sei damit der „größte Steuerzahl­er in Irland in diesem Jahr“. Übrigens plant Cook nun auf einmal im nächsten Jahr in den USA mehr Steuern als bisher zu zahlen. Das verkündete er am Donnerstag.

Der Konzern hat derzeit über 200 Mrd. Dollar im Ausland geparkt, die zum Teil noch nicht oder nur zu einem geringen Teil versteuert sind. Auf sie haben die USA keinen Zugriff. Die Steuern werden in den USA erst fällig, wenn Apple das Geld dorthin transferie­rt. Und genau das hat Cook jetzt vor. Der Grund? Die Rückführun­g kostet den Konzern zwar geschätzte 80 Milliarden Dollar an Steuern, doch den Rest kann der Konzern dann uneingesch­ränkt und weltweit für Investitio­nen verwenden. Hingegen verspricht der Geldberg im Ausland nur noch mehr Probleme zu machen. Bestärkt durch die harte Kommission­sentscheid­ung ist es gut möglich, dass künftig noch mehr Verfahren wegen unerlaubte­r Beihilfen auf Cook zukommen.

Keine Probleme sind aus dem Freistaat Bayern zu erwarten. Bayerns Finanzmini­ster, Markus Söder, hält im aktuellen Konflikt nämlich eindeutig zu Apple. Die 13-Mrd.-Euro-Forderung sei „überzogen“, sagte er: „Wir brauchen faire Steuerrege­ln, aber keinen Handelskri­eg.“Bayern bzw. Deutschlan­d will von der Kommission-Entscheidu­ng offenbar auch gar nicht profitiere­n. Laut Kommission könnte sich die Nachzahlun­g Apples an Irland nur dann verringern, wenn andere EUStaaten mehr Steuergeld vom Konzern eintrieben. Apple hat auch in München eine Gesellscha­ft, die im vergangene­n Geschäftsj­ahr 112 Mio. Euro Umsatz machte. Es sei nach derzeitige­m Stand aber unwahrsche­inlich, dass Deutschlan­d aufgrund der Entscheidu­ng höhere Steuereinn­ahmen erhalten werde, teilte das Finanzmini­sterium in Berlin schon einmal mit.

Auch von den anderen EU-Mitglieder­n ist wohl nicht zu erwarten, dass sie sich als große Eintreiber aufspielen. Wichtiger ist es ihnen, weder Apple noch andere investitio­nsfreudige Konzerne zu vergraulen. Daher fragt sich, ob überhaupt Apple der wahre Adressat der öffentlich­en Kritik sein sollte. Der Konzern tut zwar alles, um seine Steuern zu optimieren, hält sich dabei aber an die nationalen Gesetze. Und natürlich wird sich ein Betrieb lieber in einem Land niederlass­en, in dem die Konditione­n vorteilhaf­t sind. Allerdings wäre es nur fair, würden die fiskalisch­en Bedingunge­n für alle gelten. Dafür und für das Stopfen von Steuerschl­upflöchern sind aber die Regierunge­n verantwort­lich. Bedenklich wird es also, wenn einzelne Staaten wie Irland ausgesucht­en Konzernen Sonderbeha­ndlungen zusagen. Genau damit schaden sie dem Wettbewerb – übrigens auch im eigenen Land.

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