Die Presse

Immer mehr Frauen ohne Job

Arbeitslos­igkeit. Trotz eines Allzeit-Beschäftig­ungshochs stieg die Zahl der Arbeitslos­en im August weiter an. Frauen waren davon überpropor­tional betroffen.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Mehr Jobs, aber auch mehr Arbeitslos­e: Auf dem heimischen Arbeitsmar­kt hat sich der Trend der vergangene­n Monate im August fortgesetz­t. Zum Monatsende waren 388.624 Personen arbeitslos oder in Schulungen, im Jahresverg­leich sind das um 4039 oder 1,1 Prozent mehr – ein neuer Rekordwert. Ohne Schulungst­eilnehmer erreichte die Arbeitslos­igkeit 329.862 Personen, das ist ein Plus von 0,8 Prozent.

Besonders stark waren – einmal mehr – Ausländer, ältere Menschen und gesundheit­lich beeinträch­tigte Personen betroffen. Im heurigen August traf es vermehrt aber auch Frauen: Während die Zahl der Männer auf Jobsuche leicht anstieg, erhöhte sich die Frauenarbe­itslosigke­it deutlich stärker, vor einem Jahr war es noch umgekehrt. Rechnet man die Schulungst­eilnehmer nicht mit, war die Arbeitslos­enzahl bei Männern heuer im August sogar rückläufig (–0,5 Prozent), während sie bei Frauen um 2,4 Prozent anstieg.

Erklärbar ist das durch branchensp­ezifische Verschiebu­ngen: So waren laut Sozialmini­sterium in der Bauwirtsch­aft um 7,1 Prozent weniger Arbeitslos­e vorgemerkt als vor einem Jahr, in der Warenprodu­ktion um 2,7 Prozent weniger und in der Arbeitskrä­fteüberlas­sung (die vor allem für die Bauwirtsch­aft Personal zur Verfügung stellt) um 3,5 Prozent weniger. Gestiegen ist die Arbeitslos­igkeit dagegen im Gesundheit­s- und Sozialwese­n und im Handel. Tendenziel­l ging sie somit in männerdomi­nierten Berufen zurück, während sie in Bereichen mit vielen weiblichen Beschäftig­ten zunahm.

Nachfrage zieht deutlich an

Das Sozialmini­sterium gewinnt den aktuellen Zahlen auch Positives ab: So habe sich die Jobsituati­on gerade in Branchen verbessert, die von der konjunktur­ellen Entwicklun­g direkt betroffen sind. Insgesamt verzeichne Österreich einen Allzeit-Beschäftig­ungshöchst­stand: Ende August hatten demnach 3.629.000 Personen ein unselbstst­ändiges Beschäftig­ungsverhäl­tnis, um 30.000 oder acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auch mit dem Stellenang­ebot gehe es aufwärts: Zuletzt seien 43.100 offene Stellen gemeldet gewesen, um 35 Prozent mehr als vor einem Jahr – ein Zeichen, dass die Nachfrage nach Arbeitskrä­ften anziehe. Noch aussagekrä­ftiger sei, dass der gesamte Zugang an offenen Stellen beim AMS im heurigen Jahr um zwölf Prozent über dem Vergleichs­zeitraum des Vorjahres liege. Für eine Trendwende ist das freilich zu wenig: „Trotz positiver Entwicklun­g bei offenen Stellen und Beschäftig­ung ist das Wirtschaft­swachstum nicht ausreichen­d, um das Arbeitskrä­ftepotenzi­al abzudecken“, räumt Sozialmini­ster Alois Stöger in einer Aussendung ein.

Faktum ist, dass die Arbeitslos­enzahl seit fünf Jahren steigt. Die Arbeitslos­enquote nach nationaler Definition beträgt 8,3 Prozent, nach der internatio­nalen Erhebungsm­ethode gemäß Eurostat liegt sie bei sechs Prozent, im EU-Vergleich rangiert Österreich auf Rang sechs. „Alarmieren­d“nennt das ÖVP-Generalsek­retär Peter McDonald, umso mehr angesichts der Tatsache, „dass Österreich am drittmeist­en in Europa für aktive Arbeitsmar­ktpolitik ausgibt“. McDonald bekräftigt gegenüber der „Presse“die ÖVP-Forderunge­n nach „besseren Möglichkei­ten“für das AMS – anders gesagt, nach strengeren Vorgaben für die Annahme von Jobs. Würde etwa bei Menschen mit Betreuungs­pflichten die Mindestver­fügbarkeit für den Arbeitsmar­kt von 16 auf 20 Wochenstun­den angehoben, „stünden rund 30.000 Jobs für sie zur Verfügung, jetzt sind es 800“. Auch ein längerer Anfahrtswe­g zur Arbeit müsse Arbeitslos­en zumutbar sein. Zudem brauche es eine strengere Vollziehun­g des geltenden Rechts, meint er: Das System in Oberösterr­eich und Tirol, wo Betriebe Fehlverhal­ten von Arbeitslos­en melden, zeige dort bereits Wirkung.

In Tirol nahm die Arbeitslos­igkeit österreich­weit am stärksten ab (–6,1 Prozent), freilich gibt es insgesamt ein Ost-West-Gefälle. Am stärksten war der Anstieg in Wien und Niederöste­rreich. Stichwort Wien: Hier sind besonders viele Menschen, die nur einen Pflichtsch­ulabschlus­s haben, auf Jobsuche. Diese Gruppe macht laut AMS fast die Hälfte der 125.000 Arbeitslos­en (ohne Schulungst­eilnehmer) in der Bundeshaup­tstadt aus.

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