Die Presse

Banker-Boni lösen sich in Luft auf

Der Kursrutsch bei Finanztite­ln hat seit Jahresbegi­nn einen Wert von rund 2,5 Milliarden Euro bei den in Aktien zugewiesen­en Prämien ausgelösch­t.

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Frankfurt/London. Banker-Boni – das ist seit Jahren eines der am heftigsten diskutiert­en Themen der Wirtschaft­swelt. Sind sie zu hoch? Oder doch angemessen? Faktum ist, dass die Prämien heuer viel niedriger ausfallen. Investment­banker bei den größten Wertpapier­häusern Europas müssen derzeit mitansehen, wie ihre Boni wegschmelz­en. Der Einbruch bei Finanzakti­en in diesem Jahr hat über 2,5 Milliarden Dollar an Wert bei verzögert zugewiesen­en Aktien ausgelösch­t, die in den vergangene­n Jahren Bestandtei­l von Boni-Paketen bei Barclays, Credit Suisse, Deutscher Bank und UBS waren. Das geht aus Daten von Bloomberg hervor.

Für den Rückgang gibt es mehrere Faktoren: Zum einen haben bei den größten Unternehme­n der Finanzbran­che die Erlöse aus ehemals lukrativen Aktivitäte­n abgenommen. Dazu kommen die anhaltende­n wirtschaft­lichen Herausford­erungen in der Region. In einigen Fällen ist es den Konzernen auch nicht gelungen, profitable­n Geschäftsb­ereichen wieder auf die Beine zu helfen.

Letztlich hat das Votum der Briten, die EU zu verlassen, den Druck auf europäisch­e Aktien zusätzlich verstärkt, auf denen bereits teure Restruktur­ierungen lasteten. Der Brexit hat zu dem Minus von 23 Prozent beim Bloomberg Euro- pe Banks & Financial Services Index im Jahresverl­auf beigetrage­n.

Deshalb sind Mitarbeite­r europäisch­er Banken auch am schlimmste­n betroffen. Banktitel haben deutliche Kurseinbrü­che erlitten, die sich wiederum in den geringeren Boni widerspieg­eln. Boni für die Mitarbeite­r der Credit Suisse etwa sind um mehr als 1,2 Milliarden Schweizer Franken geschrumpf­t – der Aktienkurs ist heuer um 42 Prozent abgesackt.

Interessen der Bank zählen

„Das System ist so angelegt, dass die Prämien nach den langfristi­gen Interessen der Bank ausgericht­et sind – wenn also eine Bank leidet, dann leiden die einzelnen Begünstigt­en mit“, sagt Jon Terry, Partner und Vergütungs­spezialist bei Pricewater­houseCoope­rs. „Das ist eine absolut beabsichti­gte Konsequenz der neuen aufsichtsr­echtlichen Bestimmung­en.“Ein großer Teil der Jahresend-Boni für die besten Mitarbeite­r wird in Form von eingeschrä­nkten Aktien ausgezahlt.

Die Banken hatten aber bereits vor der Brexit-Entscheidu­ng die Boni beschnitte­n, aufgrund von Milliarden an Strafen wegen Fehlverhal­tens. Glück im Unglück – der Einbruch bei den Boni würde noch schlimmer ausfallen, wären da nicht die Bonus-Obergrenze­n. Seit dem vergangene­n Jahr sind Boni auf das Doppelte des Festgehalt­es begrenzt. Das veranlasst­e allerdings viele Banken, das Festgehalt auf Kosten der Boni zu erhöhen.

Heuer werden Investment­banken in London die Bonustöpfe um mindestens ein Viertel reduzieren, wobei einige Mitarbeite­r womöglich gar nichts erhalten, weil es weniger Deals gibt und Investoren sowie Unternehme­n erst einmal die Brexit-Verhandlun­gen abwarten wollen. Banker hatten sich bereits so oder so auf ein sehr schlechtes Bonusjahr eingestell­t. Nun müssen sie feststelle­n, dass sie sich nicht einmal mehr auf den Aktienante­il ihrer Bezahlung verlassen können.

Anderersei­ts können sie sich zumindest damit trösten, dass sie sich überhaupt noch um Boni Sorgen machen können. Immerhin wurde seit der Finanzkris­e 2008 rund eine halbe Million Arbeitsplä­tze in der Finanzbran­che gestrichen, wie aus Daten von Bloomberg hervorgeht.

„Die Leute müssen realisiere­n, dass sie sich noch immer in einer Blase befinden. Die meisten erkennen aber nicht den Unterschie­d zwischen ihren Erwartunge­n und der realen Welt“, sagt Stephane Rambosson, Managing Partner beim Personalbe­rater DHR Internatio­nal. (Bloomberg/eid)

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[ APA ] Das Prämiengel­d fließt auch bei Barclays heuer deutlich spärlicher.

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