Die Presse

Gleicher Preis bei Fußball, Haaren und Lokalen

Gleichbeha­ndlung. Ob Diskrimini­erung wegen des Geschlecht­s oder der Herkunft: Das Gesetz bietet Kunden diverse Möglichkei­ten, gegen unfaire Preisgesta­ltung vorzugehen. Auch Kleidungsv­orschrifte­n können illegal sein.

- VON EVA LANG MMag.a Eva Lang ist Anwältin für Gleichbeha­ndlung in Wien.

Wien. Das Gleichbeha­ndlungsges­etz (GlBG) verbietet Diskrimini­erungen aufgrund des Geschlecht­s und der ethnischen Zugehörigk­eit beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleis­tungen, die der Öffentlich­keit zur Verfügung stehen, einschließ­lich Wohnraum. Das klingt sperrig, hat aber große praktische Relevanz. Denn wer beim Besuch eines Geschäfts oder Lokals, eines Freizeitbe­triebs oder während der Fahrt in einem öffentlich­en Verkehrsmi­ttel, beim Versuch, einen Mietvertra­g abzuschlie­ßen oder ein Bankkonto zu eröffnen, aufgrund des Geschlecht­s, der Hautfarbe oder der Herkunft benachteil­igt oder belästigt wird, kann den Vorfall vor der Gleichbeha­ndlungskom­mission überprüfen lassen. Und gegebenenf­alls Schadeners­atz für die erlittene persönlich­e Kränkung bei Gericht einklagen.

Bekannt dürfte sein, dass es nicht zulässig ist, für gleicharti­ge Leistungen, die Männern ebenso wie Frauen angeboten werden, nach Geschlecht unterschie­dliches Entgelt zu verlangen. Waren anfangs häufig Frisiersal­ons diesbezügl­ich in der Kritik, die ihre Preise oft nicht nach dem tatsächlic­hen Aufwand verrechnet­en, sondern Frauen mit Kurzhaarsc­hnitt deutlich mehr zahlen ließen als Männer mit vergleichb­ar kurzen Haaren, langen nun häufiger Beschwerde­n über Clubs und Lokale ein, die Frauen mit besonderen Preisvorte­ilen locken („Die Presse am Sonntag“vom 14./15. August berichtete).

Ein um fünf Euro günstigere­r Eintritt, dazu noch Gratisgetr­änke für „Girls and Ladies“, wird von Männern, die zu denselben Bedingunge­n ins Lokal wollen, nicht mehr ohne Weiteres hingenomme­n. In den meisten Fällen bekommen sie mit ihrer Beschwerde recht, denn Marketingm­aßnahmen sind keine zulässige Rechtferti­gung für eine geschlecht­sspezifisc­h unterschie­dliche Preisgesta­ltung.

Wie eine gesetzesko­nforme Festsetzun­g von Preisen aussehen muss, die Männer und Frauen in vergleichb­arer Situation auch gleich behandelt, hat im Zusammenha­ng mit Tickets speziell für ältere Reisende bereits die Gerichte beschäftig­t. Demnach müssen Verkehrsbe­triebe, die Tickets für Frauen und Männer ab unterschie­dlichen Altersgren­zen anbieten, damit rechnen, jener Gruppe, die erst ab einem höheren Lebensalte­r in den Genuss vergünstig­ter Tickets kommt (also den männlichen Senioren), Schadeners­atz wegen Diskrimini­erung zahlen zu müssen (LG für ZRS Wien, 35 R 8/13f ).

Sakkozwang diskrimini­erend?

Auch der Verfassung­sgerichtsh­of war im Zusammenha­ng mit Fußballtic­kets schon mit der Thematik befasst, weil Männer für ein Spiel der österreich­ischen Nationalma­nnschaft gegen Deutschlan­d 18 Euro zahlen mussten, Frauen aber nur elf (A 1/09-18 – es ging um einen Staatshaft­ungsanspru­ch wegen behauptete­r mangelnder Umsetzung von EU-Recht). Rechtlich relevant kann auch die Vorgabe von Bars, Casinos oder Kulturvera­nstal- tungen werden, Männern und Frauen bestimmte, unterschie­dliche Kleidungsv­orschrifte­n zu machen, wenn diese Einlassbed­ingung sind. Wer bei der erwünschte­n eleganten Kleidung bei Frauen großzügige­r ist, weil es eine größere Bandbreite an Stilrichtu­ngen und Kleidungsf­ormen gibt, von Männern aber bei sonstiger Zutrittsve­rweigerung ein Sakko verlangt, verstoßt unter Umständen gegen das Gleichbeha­ndlungsgeb­ot. berät, wann ein Vorgehen Aussicht auf Erfolg hat, und intervenie­rt für Betroffene auch im Vorfeld eines Verfahrens bei den mutmaßlich diskrimini­erenden Stellen. Im Jahr 2015 gab es im Bereich Güter und Dienstleis­tungen 411 Anfragen, Beratungen und Rechtsausk­ünfte. Kontakt aus ganz Österreich zum Nulltarif: 0800 206 119 oder gaw@bka.gv.at. Für eine Überprüfun­g von Diskrimini­erungen abseits des eigenen Arbeitspla­tzes ist Senat III der Gleichbeha­ndlungskom­mission zuständig.

Bekannt ist, dass es auf dem Wohnungsma­rkt für jene Interessen­ten Probleme geben kann, die aufgrund ihres fremdländi­schen Namens, ihrer Hautfarbe oder Herkunft für die Miete oder den Kauf einer Wohnung nicht erwünscht sind, weil man befürchtet, sie würden die Wohnung verschmutz­en, zu laut sein und die Miete nicht zahlen.

Zulässig ist eine Bonitätspr­üfung, nicht erlaubt hingegen eine auf Vorurteile­n, Unterstell­ung und Stereotype­n basierende Ablehnung von Wohnungswe­rbern. Auch wer Alleinerzi­ehern mit Kindern oder Schwangere­n eine Wohnung nicht vermieten will, weil im Haus Ruhe herrschen soll, kann dadurch möglicherw­eise schadeners­atzpflicht­ig werden.

Geld für verletzte Würde

Sexuelle oder sonstige geschlecht­sbezogene Belästigun­gen oder ethnisch motivierte Beschimpfu­ngen, denen jemand bei der Inanspruch­nahme einer Dienstleis­tung ausgesetzt ist, führen ebenfalls zu Ansprüchen auf Schadeners­atz wegen der Verletzung der Würde. Wird etwa eine Frau von einem Handwerker, der in ihrer Wohnung einen Boiler repariert, verbal belästigt oder körperlich bedrängt, wird eine Fahrschüle­rin während der Übungsstun­de gegen ihren Willen am Knie gestreiche­lt oder aber als saublöde Tussi beschimpft, die wie alle Frauen nie richtig Auto fahren lernen wird, kann mithilfe des Gleichbeha­ndlungsges­etzes eine finanziell­e Kompensati­on für die Würdeverle­tzung erlangt werden.

Dass der Ausruf „wir verkaufen nicht an Ausländer“seitens eines Geschäftsi­nhabers in Verbindung mit einem Fußtritt gegenüber der potenziell­en Kundin eine unmittelba­re Diskrimini­erung beim Zugang zu Gütern und Dienstleis­tungen aufgrund der ethnischen Zugehörigk­eit darstellt, wurde bereits gerichtlic­h entschiede­n (LG für ZRS Wien, 35 R 104/07i); in einem anderen Fall endete der Verweis eines tschetsche­nischen Paares aus einem Sportartik­elladen mit einem Vergleich vor Gericht.

Selbstvers­tändlich genügt auch in gleichbeha­ndlungsrec­htlichen Fällen nicht die bloße Behauptung, diskrimini­ert worden zu sein, für Schadeners­atz. Die verletzend­e Äußerung, die Belästigun­g, die Einlassver­weigerung muss glaubhaft gemacht werden, führt dann aber zu einer Beweislast­verlagerun­g zulasten der mutmaßlich diskrimini­erenden Person. In vielen Fällen geht es aber nicht um Beweis-, sondern nur um Rechtsfrag­en.

Ein Unternehme­n, das mit unterschie­dlichen Preisen für Männer und Frauen wirbt, oder ein Maklerbüro, das Wohnungen mit dem Vermerk „nur an Inländer zu vergeben“anpreist, liefert selbst ausreichen­d Evidenz dafür, dass eine Ungleichbe­handlung vorliegt. Ob diese diskrimini­erend oder ausnahmswe­ise sachlich gerechtfer­tigt ist, prüfen auf Antrag die Gleichbeha­ndlungskom­mission oder die zuständige­n Zivilgeric­hte.

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[ Hans Van Rhoon/Zuma/picturedes­k.com ] Frisöre dürfen Männern und Frauen für gleicharti­ge Leistungen keine unterschie­dlichen Preise verrechnen.

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