Die Presse

Wenn Zahlen in die Irre führen

US Open. Die Tenniswelt fürchtet die Nummer 142 der Welt: Der wiedererst­arkte Juan Martin del Potro ist im Achtelfina­le gegen Dominic Thiem im Vorteil. Bei den Damen erstaunt Venus Williams.

- VON JOSEF EBNER

New York/Wien. Vor dem heutigen US-Open-Achtelfina­le zwischen Dominic Thiem und Juan Martin del Potro ist unter den Protagonis­ten eine Diskussion entbrannt. Es geht um die Favoritenr­olle, die freilich keiner haben will. Thiem sagt: „Er hat sich immer mehr gesteigert im Jahr. Die Vorhand ist eine der besten, die es jemals in dem Sport gegeben hat, vielleicht sogar die beste.“Sein Coach Günter Bresnik sagt: „Der spielt momentan wieder in einer ganz eigenen Liga. Dominic ist sicher Underdog“. Del Potro hingegen sagt: „Nein, nein. Er sollte sicher der Favorit sein.“

Auf den ersten Blick ist die Sache eindeutig: Es trifft die Nummer zehn auf die Nummer 142 der Welt. Doch bei del Potro sind diese Zahlen außer Acht zu lassen. Der einstige Weltrangli­stenvierte hat neun der jüngsten zwölf GrandSlam-Turniere wegen Handgelenk­sverletzun­gen und Operatione­n verpasst, wollte seine Karriere sogar beenden. Zuvor aber hatte er bereits als 20-Jähriger 2009 in New York triumphier­t. Ob er heuer wieder in ähnlicher Form sei? „Ich weiß es nicht, aber ich gewinne.“

Auch Thiem hat sich mit seinem Viersatzer­folg gegen den zähen Pablo Carren˜o Busta zurückgeme­ldet. Seit seinem Zweitrunde­nAus in Wimbledon kassierte der Österreich­er zwei Erstrunden­niederlage­n, die Matchbilan­z vor New York: 1:3, darunter eine Aufgabe. Thiem musste der überragend­en ersten Saisonhälf­te Tribut zollen und unter anderem eine Hüftverlet­zung auskuriere­n.

Die aktuellen Schlagzeil­en gehören del Potro. Im Februar kehrte er auf die Tour zurück, setzte in Wimbledon gegen Stan Wawrinka ein Ausrufezei­chen und legte in Rio einen Lauf zu Olympia-Silber hin: Erstrunden­sieg über Novak Djokovic,´ Halbfinalt­riumph über Rafael Nadal, knappe Finalniede­rlage gegen Andy Murray, den dominieren­den Spieler der vergangene­n Wochen. In New York steht er ohne Satzverlus­t im Achtelfina­le, zuletzt war der zweifache USOpen-Semifinali­st David Ferrer chancenlos. „Ich bin selbst über- rascht von meiner Form“, versichert­e del Potro.

Das bisher einzige Duell zwischen dem Argentinie­r und Thiem gewann del Potro im Mai 7:6, 6:3. Es hat keine Bedeutung mehr, erklärte Thiem: „Er ist jetzt sicher ein ganz anderer Spieler als damals in Madrid.“Der Niederöste­rreicher feierte am Samstag seinen 23. Geburtstag, del Potro ist 27, das Achtelfina­le in New York könnte ein Vorgeschma­ck sein auf zukünftige Duelle um die ganz großen Titel. Hält aber del Potros Handgelenk, ist er heute wohl der Favorit.

Gesamtkuns­twerk Venus

Sie spiele im Moment einfach zu gut, um ans Aufhören zu denken, sagt Venus Williams. Ihre 18. US Open sind bereits ihr 72. GrandSlam-Turnier. Keine Spielerin in der Geschichte trat häufiger bei einem der Major-Turniere an. Nun ist sie 36 und hat als älteste Teilnehmer­in in New York souverän das Achtelfina­le (gegen die zwölf Jahre jüngere Karolina Pl´ıskovˇa)´ erreicht – 19 Jahre nach ihrem sensatione­llem Finaleinzu­g beim US- Open-Debüt 1997 und obwohl sie seit einigen Jahren am SjögrenSyn­drom leidet, einer Autoimmunk­rankheit, die zu Gelenkschm­erzen und Müdigkeit führt.

In der Weltrangli­ste ist die USAmerikan­erin wieder auf Rang sechs, sie spielt beinahe so erfolgreic­h wie im vergangene­n Jahrzehnt. Auch ihre Erscheinun­g begeistert New York: buntes Blumenklei­d aus eigener Kollektion, passende Haarflecht­en und Halskette. „Ich bin immer auf der Suche nach Perfektion“, sagt Venus Williams.

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[ Gepa] „Das Spielerisc­he wird von Match zu Match besser“, sagt Dominic Thiem. Heute wird er einen weiteren Gang zulegen müssen.

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