Die Presse

Ein Finale als Auftakt zu neuen Klassiktat­en

Noch einmal gibt es Haydn-Tage im Festsaal des Eisenstädt­er Esterhazy-´Schlosses: der Hinauswurf als Neustart. Die HaydnFests­piele wurden zwar verbannt, bestehen aber jedenfalls auch nach 2017 weiter.

- E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

Demnächst beginnen in Eisenstadt die Haydn-Tage, die 28. in Folge – und die letzten, die in Schloss Esterhazy´ stattfinde­n dürfen. Dass man die Festspiele in ihrer bisherigen Gestalt vor die Tür gesetzt hat, ist unschön. Doch darf in der Privatwirt­schaft naturgemäß jeder über seine Besitztüme­r selbst verfügen.

Gezeter ist also nicht am Platz. Auch der Verweis auf die Tatsache, dass die findigen Festivalma­cher über drei Jahrzehnte dem sogenannte­n Haydn-Saal erst zu jener internatio­nalen Prominenz verholfen haben, die es allen künftigen Konzertver­anstaltern möglich macht, weithin Beachtung zu finden, wenn man an „geweihtem Ort“Konzerte gibt, ist müßig.

Die Sache hat für die burgenländ­ische Kulturszen­e sogar ihr Gutes, denn die Haydn-Festspiele werden unter der Leitung ihres bisherigen In- tendanten, Walter Reicher, weitergehe­n und künftig die unterschie­dlichsten Örtlichkei­ten hochkaräti­g bespielen. So wird man nach und nach draufkomme­n, dass die Region reicher an bemerkensw­erten Sälen und historisch bedeutsame­n Plätzen ist, als man gemeinhin glauben möchte.

Walter Reicher ist schließlic­h ein Garant dafür, dass auch Connaisseu­rs oft aus dem Staunen nicht herauskomm­en, was die Musikgesch­ichte an spannenden, halb oder ganz vergessene­n Kostbarkei­ten birgt. Dass Musikfreun­de heutzutage wissen, welcher Art Joseph Haydns einstige Tätigkeit wirklich war, liegt zu einem Gutteil daran, dass die Haydn-Festspiele über die Jahre hin konsequent den Musiktheat­ermann Haydn in den Fokus zu bringen wussten.

Die Hauptbesch­äftigung des Komponiste­n war ja lange Zeit nicht, die Symphonie und das Streichqua­rtett zu „erfinden“und für künftige Generation­en zu den wichtigste­n Instrument­algattunge­n zu machen. Haydn war lange Zeit vor allem als Opernkapel­lmeister aktiv. Davon hatte man angesichts des reduzierte­n Re- pertoires unserer Opern- und Konzerthäu­ser keine Ahnung. Jetzt weiß man es.

Und es ist wahrschein­lich kein Zufall, dass die 28. Haydn-Tage am kommenden Donnerstag mit einer Zauberhaft­en Kammeroper namens „La Canterina“anheben, konfrontie­rt mit weiteren raren Haydn-Werken und Arien aus der Oper „Semiramide“von Josef Myslivecek,ˇ den wiederum Mozart – der ein scharfer Kritiker war – als einen der wenigen seiner Zeitgenoss­en wirklich für genial hielt: „il divino boemo“, der „göttliche Böhme“ist, was das Festival 2016 betrifft, Vorreiter für manche Kollegen, die im 18. Jahrhunder­t in böhmisch-mährischen Landen (wo ja auch Haydns Karriere anhob) zu Ruhm und Anerkennun­g kamen: Kozeluchˇ und Vanhal, Dittersdor­f und Dussek – und einmal auch der in der Nähe von Iglau geborene Gustav Mahler kommen heuer zu ihrem Recht.

Dazu Haydn, versteht sich – akustische Aha-Erlebnisse bis 18. September garantiert (www.haydnfesti­val.at).

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VON WILHELM SINKOVICZ

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