„Wir sind Heimat“: Der ORF geht in die Provinz
TV-Programm 2016/17. Mit österreichischen Eigenproduktionen will sich der ORF von globalen Konkurrenten wie Netflix abheben.
Es geht richtig harmonisch zu im ORF. Für die Programmpräsentation, die der Werbebranche am Donnerstag einen Ausblick auf das kommende Jahr geben sollte, sangen die prominentesten Gesichter gemeinsam ein Lied. Genau genommen trällerten u. a. Vera Russwurm, Thomas Stipsits und Christian Wehrschütz ganz allein vor der Handykamera den Sister-Sledge-Hit „We are Family“– und aus den vielen kurzen Videos wurde eine Songcollage.
Es war aber auch wirklich ein medial anstrengendes Jahr für den ORF: Berichterstattung über die Flüchtlingskrise, Amokläufe, den Brexit, die Fußball-EM und Olympische Spiele, eine Generaldirektorenwahl im Sommer, und die längste Bundespräsidentenwahl in der Geschichte des Landes ist noch immer nicht zu Ende. Und jetzt wird durchgeatmet und etwas leiser getreten, so der Eindruck. Nach dem Weltkriegserinnerungsjahr 2014, dem Song-Contest-Jahr 2015 und dem Sportjahr 2016 (mit Fußball-EM und Olympia) wirkt das Jahr 2017 fast ereignislos. Das hat allerdings auch Vorteile, die Programmplanung ist somit nicht von kostenintensiven Großevents getrieben. Sie wären ohnehin schwer zu stemmen. Die soeben wieder bestellte Programmdirektorin Kathrin Zechner betonte, das Budget sei „eine der größten Herausforderungen der vergangenen zehn Jahre“. Auch dass noch nicht klar sei, ob der ORF eine Gebührenanpassung erhalte, mache die aktuellen Finanzverhandlungen nicht leichter.
Dabei will der ORF, so hieß es im Programmtrailer, „Heimat inmitten einer wilden Welt“sein. Zechner nennt ihr Konzept „Content First“und betont, dass sich Vergleiche mit Netflix, Google und Co. erübrigen würden. Der ORF habe genug eigene, spannende Inhalte und wolle mit Fachwissen und Haltung Orientierung geben und damit einen Kontrapunkt „zur hyperventilierenden, über- steuerten Digital-Bassena“bilden. Das soll vor allem mit Bewährtem funktionieren. Angesichts der politischen Debatten und der andauernden Bundespräsidentschaftswahl liegt ein wichtiger Schwerpunkt des ORF nach wie vor auf der Information. Auch wenn sich hier noch keine großen Neuerungen abzeichnen. Denn das von ORF-Chef Alexander Wrabetz angekündigte neue Info-Magazin kommt erst im Herbst 2017.
Viel Heimat in Film und Serie
Inhaltlich wird das kommende ein starkes Film- und Serienjahr mit einem besonderen Fokus auf österreichische Eigenproduktionen. Schon kommenden Montag startet der Krimi-Vierteiler „Pregau“. Noch heuer gibt es einen Themenabend rund um das Drama „Terror“nach einer Vorlage von Ferdinand von Schirach (17. 10.). Der ORF produziert zudem vier neue Folgen der „Landkrimis“und eine dritte Staffel der „Vorstadtweiber“. Opulente Historiendramen stehen mit der Robert-Dornhelm-Produktion „Das Sacher“und dem Event-Dreiteiler „Maximilian“von Regisseur Andreas Prohaska auf dem Programm. In der neuen Serie „Fokus Mord“werden reale Mordfälle nacherzählt. Als urbanes Pendant zu den „Landkrimis“kommen nun die „Stadtkomödien“, zwei Hauptabendfilme mit heimischen Stars sind in Planung.
Peter Resetarits geht mit seinem „Bürgerforum“in die Regionen. Der Kabarett-Dienstag bekommt mit der Statistikshow „Wie tickst Du?“eine neue Sendung (13. 10.). Noch nicht klar ist, ob Elizabeth T. Spira mit ihren „Liebesg’schichten und Heiratssachen“nach 20 Jahren weitermacht, dafür ist eine neue Reihe namens „Heimatgeschichten“mit ihr geplant. Der Österreich-Anteil in der MittwochReportagen-Reihe „Dokeins“soll ausgebaut werden. Bewährtes kommt auch im Showbereich: „Die große Chance der Chöre“geht noch im Herbst in die zweite Runde, „Dancing Stars“im Frühling in die elfte.