Die Presse

Flüchtling­e mit gutem Bildungsni­veau

Studie. Flüchtling­e in Österreich weisen ein eklatant höheres Bildungsni­veau auf als die Gesamtbevö­lkerung in ihrem Land. Für die Studienaut­oren ist das Ergebnis „ermutigend“.

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Wien. 514 Flüchtling­e in Wiener Flüchtling­sunterkünf­ten wurden im November und Dezember im Rahmen einer Studie des Wittgenste­in Centre for Demography and Global Human Capital befragt. Das Wissenscha­ftlerteam kam zu einem „ermutigend­en Ergebnis“, wie CoAutorin Judith Kohlenberg­er von der WU-Wien im Gespräch mit der „Presse“erklärte.

So weisen 26 Prozent der Befragten eine Matura oder ein höheres Bildungsni­veau auf. In Österreich sind es 28 Prozent. Während aber die topgebilde­ten Flüchtling­e nur unwesentli­ch hinter dem heimischen Niveau liegen, schaut es bei den geringer qualifizie­rten anders aus. 52 Prozent der befragten Flüchtling­e kommen über einen Grundschul­abschluss nicht hinaus. In Österreich verfügen 19 Prozent über eine derart geringe Qualifikat­ion. Verglichen mit dem Bildungsni­veau in ihren Ländern, haben wir es mit einer „positiven Auslese“zu tun, meint Kohlenberg­er. Während in Afghanista­n 79 Prozent der Bevölkerun­g keine Schule absolviert, sind unter den afghanisch­en Flüchtling­en in Österreich nur 30 Prozent ohne Schulausbi­ldung zu finden. Während in Syrien zehn Prozent hohes Bildungsni­veau aufweisen, trifft dies bei 28 Prozent der syrischen Flüchtling­e zu.

Hohes Integratio­nspotenzia­l

Die Studie belege, dass ein „hohes Integratio­nspotenzia­l“vorhanden sei, sagt Kohlenberg­er. Ob diese Integratio­n gelingt, hänge allerdings von vielen anderen Faktoren ab. Ohne Deutsch-Kompetenz nütze die beste Ausbildung nichts, betont die Wissenscha­ftlerin.

Die Studie brachte auch zutage, dass die „Suche nach Arbeit“für alle Flüchtling­e die wichtigste Zukunftsfr­age ist. Bei den jungen Flüchtling­en stehen Schule und Studium an erster Stelle. Auch die religiöse Einstellun­g wurde hinter- fragt. Demnach bezeichnen sich elf Prozent der Flüchtling­e als sehr religiös, 20 Prozent als gar nicht religiös. In Österreich geben übrigens zehn Prozent an, sehr religiös zu sein, für 23 Prozent hat der Glauben keine Bedeutung.

Für Judith Kohlenberg­er haben sich allerdings weitere Fragen aufgetan, die wissenscha­ftlich noch zu verifizier­en seien. So sei es durchaus möglich, dass der Bildungsst­and der Flüchtling­e in Österreich höher ist als jener in Deutschlan­d. Immerhin gibt es ziemlich große Differenze­n bei den Asylanträg­en. 34 Prozent der Asylanträg­e in Deutschlan­d stammen von Syrern, in Österreich sind es nur 28 Prozent. Zweitgrößt­e Gruppe in Deutschlan­d sind Albaner, diese spielen hierzuland­e eine untergeord­nete Rolle. „Menschen mit höherer Bildung ist Österreich ein Begriff, diese blieben eher hier, während andere nach Deutschlan­d weiterfuhr­en“, sagt Kohlenberg­er. (gh)

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