Entfesselte Preisentwicklungen
Marktgeflüster. Ökonomen registrieren beunruhigende Anzeichen einer ungesunden Aufwärtsspirale.
Wien. Die Deutsche Hypothekenbank warnt vor einer Überhitzung des deutschen Immobilienmarktes. Der Markt für Gewerbeimmobilien ist „relativ heiß“, sagt Vorstandschef Andreas Pohl. Weil sich Investoren und Kreditgeber alle um dieselben Anlageobjekte rangelten – gut vermietete Büros und Ladenflächen in Toplagen – gebe es einen regelrechten Angebotsmangel. Die hohen Einkaufspreise drückten zudem auf die Renditen. Bei den Finanzierern komme hinzu, dass institutionelle Anleger wegen der Niedrigzinsen sehr viel Eigenkapital mitbrächten, die Kreditnachfrage sei schwach. Trotzdem treten nach Pohls Worten immer mehr Anbieter in den Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierungen ein, darunter auch Versicherer.
Warnsignale
Zuvor haben bereits andere Ökonomen – vor allem in Bezug auf den Häusermarkt – vor einer möglichen Blase in Deutschland gewarnt. In immer mehr Regionen deute der Anstieg der Preise für Wohnhäuser auf übersteigerte Preiserwartungen und damit die Gefahr einer Immobilienblase hin, gibt etwa Roland Döhrn, Ökonom beim RheinischWestfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, zu bedenken. Nach Berechnungen von Volkswirten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich liegt das Niveau der Immobilienpreise in Deutschland mehr als zehn Prozent über dem langfristigen Durchschnitt – ein Warnsignal, das regelmäßig vor Finanzkrisen zu beobachten sei.
„Der Immobilienboom nimmt immer mehr Züge einer Blase an“, sagt auch Ralph Solveen von der Commerzbank. Die Preise entkoppelten sich immer mehr von anderen wichtigen Faktoren. Laut Solveen stiegen diese seit 2010 schneller als die Mieten, schneller als das allgemeine Preisniveau und schneller als die Einkommen der Privathaushalte. Noch ist der Boom aber intakt. „Der Nachfrageüberhang auf dem Wohnungsmarkt ist hoch und in den vergangenen Jahren gewachsen“, erklärt Eric Heymann von der Deutschen Bank. Die Bauunternehmen kämen kaum hinterher. Laut dem Statistischen Bundesamt war deren Auslastung im ersten Halbjahr 2016 so hoch wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1991 nicht. (ebe)