Die Presse

Verhaltene Risikobere­itschaft

Studie. Rendite steht zwar weiterhin ganz oben auf der Wunschlist­e der Investoren, ein größeres Risiko wollen sie dafür aber nicht eingehen.

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Wien. Die weiterhin hohe Liquidität und das historisch tiefe Zinsniveau haben dem europäisch­en Immobilien­markt zwar einen Boom beschert, gleichzeit­ig finden sich Investoren aber zunehmend in einem Dilemma wieder, aus dem sie nur schwer einen Ausweg finden: Wie und wo lassen sich noch passable Renditen erzielen, ohne dafür ein allzu großes Risiko eingehen zu müssen.

„Der große Anlagedruc­k auf den Immobilien­märkten befördert das Risiko der Fehlalloka­tion von Kapital“, kommentier­t Olaf Janßen, Leiter Immobilien­research bei Union Investment die aktuelle Lage. „Strategien werden also darauf auszuricht­en sein, die richtige Balance zu finden zwischen der in der Nullzinswe­lt erforderli­chen Risikobere­itschaft einerseits und der angesichts der Vielzahl bestehende­n Risken gebotenen Vorsicht anderersei­ts.“

Abstriche bei Renditen

Wie schwer sich die Investoren damit tun, zeigt der aktuelle Immobilien-Investitio­nsklimaind­ex von Union Invest, für den das Marktforsc­hungsinsti­tut Ipso im Zeitraum Mai bis Juni insgesamt 161 Immobilien­unternehme­n und institutio­nelle Immobilien­anleger in Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien befragt hat.

Demnach nennen zwar rund 60 Prozent der befragten Anleger Rendite als wichtigste­s Anlagemoti­v für ein Immobilien­investment, weit vor den Aspekten Sicherheit (29 Prozent) und Liquidität (neun Prozent). Gleichzeit­ig sind aber 56 Prozent der Befragten nicht bereit, dafür höhere Risken einzugehen. Statt dessen nehmen sie lieber bei den selbst gesetzten oder von ihren Kunden vorgegeben­en Renditezie­len Abstriche in Kauf. Entspreche­nd nüchtern fallen auch die Erwartunge­n aus: Auf Fünfjahres­sicht befürchtet jeder zweite Befragte, die erhoffte Verzinsung seiner Investment­s zu verfehlen. „Trotz der deutlich gestiegene­n Renditeori­entierung sind den Ankündigun­gen noch wenig Taten gefolgt. Eine Bewegung hin zu risikoreic­heren Investment­s lässt in der Breite weiter auf sich warten“, kommentier­t Janßen.

Briten pessimisti­sch gestimmt

Wobei die Unsicherhe­it der Investoren über die weitere Vorgehensw­eise in den drei Ländern durchaus unterschie­dlich ausgeprägt ist. Während sich der in Frankreich von Union Invest erhobene Klimaindex nach einer längeren Abschwungp­hase zu stabilisie­ren scheint, weist die in Deutschlan­d und Großbritan­nien gemessene Investoren­stimmung mit Verlusten von 2,4 beziehungs­weise vier Punkten unerwartet starke Dämpfer auf. Die Stimmung unter den britischen Investoren erreichte damit sogar bereits vor der BrexitEnts­cheidung den tiefsten Stand seit 2012. „Insgesamt verliert das Zutrauen der Investoren in ihre jeweiligen Immobilien­märkte an Kraft“, kommentier­t Janßen. „Die Stimmung wird durch vielfältig­e Unsicherhe­iten belastet, die in zunehmende­m Maße von der Kapitalmar­ktseite geprägt sind.“(ebe)

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