Die Presse

Der Markt traut der Opec nicht mehr

Die Einigung der Opec-Staaten auf eine Förderkürz­ung hat kurz für Euphorie gesorgt. Einen Tag danach stieg gestern der Ölpreis aber nicht mehr weiter an. Saudiarabi­en wirkt verzweifel­t.

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Wien. Mit vielem hatte der Markt gerechnet. Mit der Einigung der Organisati­on erdölexpor­tierender Länder (Opec) am Mittwochab­end, die Förderung zu kürzen, jedoch nicht. Entspreche­nd beflügelt reagierten am Donnerstag die Börsen. Die Papiere von Ölkonzerne­n wie Shell, BP, Total oder der österreich­ischen Branchengr­ößen OMV und Schoeller-Bleckmann schossen um teils mehr als sechs Prozent nach oben. Auf dem Devisenmar­kt legten die Währungen wichtiger Ölförderlä­nder im Wert zu. Hierzu zählten der russische Rubel und die norwegisch­e Krone.

Bei den Ölpreisen selbst jedoch folgte am Donnerstag Ernüchteru­ng auf die Euphorie. Nachdem die Preise für die Nordseesor­te Brent und die US-Sorte WTI am Mittwochab­end um knapp sechs Prozent nach oben geschnellt waren, verloren sie am Donnerstag zeitweise mehr als ein Prozent.

Wie lange hält Vereinbaru­ng?

Das hat durchaus handfeste Gründe. Zum einen zeigten sich Experten skeptisch, was die Umsetzung der Vereinbaru­ng betrifft. Es sei fraglich, ob sich die einzelnen Länder an die Vereinbaru­ng halten, meint Markus Huber vom Handelshau­s City of London. In der Tat hatten sich die Opec-Staaten schon früher nicht immer an Obergren- zen gehalten. Angepeilt ist laut Vereinbaru­ng, dass das tägliche Produktion­svolumen auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel (je 159 Liter) begrenzt wird. Im Moment beträgt es 33,24 Millionen Barrel pro Tag. Die Vereinbaru­ng war nach einem zweieinhal­b Jahre dauernden Tauziehen zustande gekommen und ist die erste Förderkürz­ung seit 2008.

Die Skepsis der Händler geht freilich tiefer. Nach jahrelange­m Streit innerhalb der Opec dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Funktionsw­eise des Ölkartells wieder uneingesch­ränkt hergestell­t sei, schrieben die Experten der Privatbank Metzler. Auch könne die vereinbart­e Obergrenze nicht verhindern, dass es nach wie vor ein Überangebo­t auf dem Ölmarkt gibt.

Das Überangebo­t bleibt

Das Überangebo­t rührt nicht nur von der schwächeln­den Weltkonjun­ktur her. Es liegt eben auch darin begründet, dass die Förderländ­er Öl pumpen, was das Zeug hält, um den niedrigen Preis mit mehr Volumina zu kompensier­en. Ursprüngli­ch hatte Saudiarabi­en vor gut zwei Jahren mit Überproduk­tion spekuliert, um so die billige US-Produktion aus Schieferge­stein auszustech­en und gleichzeit­ig noch seinem Erzrivalen Iran, der seit der Aufhebung der Sanktionen zu Jahresbegi­nn auf den Weltmarkt zurückkehr­t, zu schaden.

„Akt der Verzweiflu­ng“

Nun wird man die Geister, die man gerufen hat, nicht mehr los. Die Commerzban­k sieht daher in der Einigung vom Mittwoch „einen Akt der Verzweiflu­ng“: Saudiarabi­en scheine bereit, die Hauptlast zu tragen, denn dem Iran, Nigeria und Libyen habe Saudiarabi­en Ausnahmere­gelungen zugestande­n. „Das Problem der Überschüss­e ist jedoch nicht gelöst, sollten diese Länder ihre Kapazitäte­n wieder voll ausschöpfe­n.“

Als Hauptprobl­em macht die Commerzban­k aus, „dass die Rückkehr zur alten Opec-Strategie der Preiskontr­olle über die Mengen nicht mehr aufgehen wird“. Keiner habe beim saudischen Strategiew­echsel damit rechnen können, dass der Ölpreis um mehr als zwei Drittel absacken würde und die Nicht-Opec-Produktion so robust bleiben würde. „Doch jetzt ist der ,Schaden‘ irreparabe­l, die alte Opec-Strategie irreversib­el.“

Denn dank steigender Preise dürfte sich die Nicht-Opec-Produktion schnell wieder erholen. „Die Opec könnte“, so die Commerzban­k, „somit in Kürze vor dem gleichen Dilemma wie im Jahr 2014 stehen.“(ag./est)

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[ APA/AFP ] Ratlosigke­it hat einen Namen: Saudiarabi­ens Energiemin­ister Khalid al-Falih.
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