Die Presse

Österreich­s Föderalism­us ist ein Unikum

- 1220 Wien 1190 Wien

Nachdem sich in letzter Zeit offenbar immer mehr Personen, darunter Altbundesp­räsidenten, Höchstrich­ter, Industriel­le, Intellektu­elle, Künstler etc., dazu bemüßigt fühlen, ihr persönlich­es Stimmverha­lten bei der Wiederholu­ng der Stichwahl zum Amt des österreich­ischen Bundespräs­identen der Allgemeinh­eit mitzuteile­n, möchte selbstvers­tändlich auch ich meinen diesbezügl­ichen Senf dazugeben und erkläre somit an dieser Stelle öffentlich: Ich wähle Herrn Van der Bellen nicht! „Föderalism­us: Die Chance, einen Wandel einzuleite­n“, Gastkommen­tar von Peter Bußjäger, 29. 9. Der Autor beklagt – wieder einmal – angebliche Defizite des österreich­ischen Föderalism­us, gibt die Schuld daran dem ach so bösen Bund und wiederholt Legenden.

Zunächst jene bei gläubigen Föderalist­en so beliebte Behauptung, die Republik sei 1918 von den Ländern gegründet worden. Dabei wird verschwieg­en, dass jene sog. Beitrittse­rklärungen, die damals von den Landtagen beschlosse­n worden sind, jeweils die Antwort auf eine Aufforderu­ng der Provisoris­chen Nationalve­rsammlung, solche Erklärunge­n abzugeben, gewesen sind. Das wurde damals im Steiermärk­ischen Landtag ausdrückli­ch gesagt, in den anderen Landtagen freilich nicht.

Auch die Behauptung, die Umsetzung der Vereinbaru­ng von Perchtolds­dorf sei durch den Bund verhindert worden, ist Legende. Als Zeitzeuge (ich war als Leiter des Verfassung­sdienstes im Amt der Steiermärk­ischen Landesregi­erung bei den einschlägi­gen Gesprächen der Landespoli­tiker, bei denen auch Vorarlberg mitgewirkt hat, anwesend) kann ich berichten, dass die Länder eine Umsetzung der wesentlich­sten Punkte dieser Vereinbaru­ng letztlich nicht gewünscht haben.

Gleiches gilt für die Steuerauto­nomie der Länder. Auch diese wurde zwar von den Ländern seit 1964 immer wieder gefordert, aber wenn der Bund diese Forderung erfüllen wollte, haben die Län-

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