Die Presse

Riegel gegen Nachzahlun­gen

Besoldung. Die Koalition muss die Anrechnung von Vordienstz­eiten reparieren. Die SPÖ wollte dafür eine Sondersitz­ung des Nationalra­ts.

- VON KARL ETTINGER

Wien. Es geht um die Gehaltsein­stufung der Beamten – und ist eine Art gesetzlich­er Bumerang. Die Regierung sieht sich gezwungen, die Anrechnung der Vordienstz­eiten neuerlich mittels Gesetzes zu reparieren, um teure Nachzahlun­gen zu vermeiden. Der entspreche­nde Gesetzesen­twurf liegt mittlerwei­le bereits im Nationalra­t. Aber an der Frage, wie schnell die Reparatur erledigt werden soll, scheiden sich zwischen SPÖ und ÖVP die Geister. Ginge es nach der SPÖ, so wäre der Gesetzesbe­schluss bereits in der Vorwoche in einer Sondersitz­ung erfolgt, damit möglichst wenige Nachzahlun­gen fällig werden.

Worum geht es? Im Jahr 2009 hat der Europäisch­e Gerichtsho­f die ursprüngli­che Gehaltsreg­elung aufgehoben, weil nach dieser die Vordienstz­eiten vor dem 18. Lebensjahr nicht angerechne­t wurden. Die rot-schwarze Regierung hat daraufhin Änderungen vorgenomme­n, die jüngste Korrektur erfolgte im Jänner des vergangene­n Jahres. Vordienstz­eiten werden seither unabhängig vom Alter jeweils individuel­l, begrenzt auf maximal zehn Jahre angerechne­t.

Allerdings hat nunmehr der Verwaltung­sgerichtsh­of diese Besoldungs­regelung schon wieder ins Wanken gebracht, weil er eine Lücke bei der Übergangsr­egelung gefunden hat. Eine Beamtin hat erfolgreic­h auf eine höhere Gehaltsein­stufung nach der früheren Gesetzesre­gelung geklagt. In dem Fall musste das Finanzmini­sterium das Gehalt neu festlegen.

Zwar war nicht geklärt, ob das Urteil für alle Beamten zum Tragen kommt. In diesem Fall könnten bei nachträgli­ch höheren Gehaltsein­stufungen laut Berechnung­en Nachzahlun­gen bis zu 2,55 Milliarden Euro drohen. Auf ein solches Risiko wollte sich die für den öffentlich­en Dienst zuständige Kanzleramt­sstaatssek­retärin, Muna Duzdar, (SPÖ) nicht einlassen.

Im Eiltempo im Ministerra­t

Im Eilzugstem­po wurde daher von SPÖ und ÖVP bereits vor knapp zwei Wochen im Ministerra­t eine Änderung beschlosse­n, um die Gesetzeslü­cke zu schließen. Damit will die Koalition jetzt sicherstel­len, dass keine teuren Gehaltsnac­hzahlungen anfallen. Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) wollte sogar noch weiter gehen und die Lösung auch mit einer Verfassung­sregelung absichern. Im Kanzleramt ließ man es bei einer Reparatur mit einer einfachges­etzlichen Regelung bewenden.

Über den neuen Riegel gegen Nachzahlun­gen herrscht Einigkeit. Über das Tempo beim parlamenta­rischen Beschluss offenbar nicht. Denn darüber herrschten am Rande der Nationalra­tssitzunge­n Mitte Oktober unterschie­dliche Auffassung­en. Nach Informatio­nen der „Presse“gab es in der SPÖ Überlegung­en, für eine möglichst rasche Reparatur bereits in der Vorwoche eine Sondersitz­ung des Nationalra­ts einzuberuf­en. Nur Tage später hätte auch der Bundesrat die Neuregelun­g absegnen sollen.

Daraus wurde jedenfalls nichts. In der ÖVP wurde versichert, es habe über die Frage keine Diskussion oder Auseinande­rsetzungen gegeben. Die Änderung solle regulär im Hohen Haus behandelt werden. Damit wäre ein Beschluss bei den nächsten Nationalra­tssitzunge­n im November möglich.

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[ APA ] Beamtensta­atssekretä­rin Muna Duzdar will das Risiko von milliarden­schweren Nachzahlun­gen nicht eingehen.

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