Die Presse

Freiheitli­che Ängste vor Zukunft

Studie. Wähler der Freiheitli­chen fürchten die Globalisie­rung mehr als alle anderen und sind von der Wirtschaft­slage am meisten verunsiche­rt.

- VON WOLFGANG BÖHM

FPÖ-Wähler fürchten die Globalisie­rung mehr als alle anderen. Auch die Wirtschaft­slage wirkt auf sie laut einer Studie verunsiche­rnd.

Gütersloh/Wien. Das Meinungspr­ofil von FPÖ-Wählern hebt sich deutlich von jenem anderer Parteien ab. 69 Prozent sehen die Globalisie­rung als Bedrohung, 52 Prozent sind „wirtschaft­lich verunsiche­rt“. Im Vergleich sehen nur 25 Prozent der Neos-Wähler und 41 Prozent der Grün-Wähler die Globalisie­rung als Bedrohung. Etwas geringer sind die Ängste bei SPÖ- und ÖVP-Wählern (56 % bzw. 58 %) ausgeprägt. Die wirtschaft­liche Verunsiche­rung ist ebenfalls bei allen anderen Parteien geringer. Das geht aus einer Studie der Bertelsman­n-Stiftung hervor, die am Mittwoch veröffentl­icht wurde.

In der Studie wurde der Frage nachgegang­en, was Wähler derzeit vermehrt motiviert, rechtspopu­listischen Parteien in Europa ihre Stimme zu geben. Zwar haben die Anhänger von Parteien wie dem Front National in Frankreich oder der AfD in Deutschlan­d auch einen überpropor­tionalen Hang zu traditione­llen, autoritäre­n Ansichten (FN: 50 %, FPÖ: 47 %, AfD: 46 %), die „treibende Kraft“für den Erfolg rechtsnati­onaler Gruppen ist laut den Bertelsman­n-Experten aber die Furcht vor der Globalisie­rung. Zwar gibt es im Vergleich auch bei Anhängern von extrem linken Parteien solche überhöhten Ängste vor der zunehmende­n internatio­nalen Vernetzung, sie seien allerdings nicht so stark ausgeprägt wie bei den Parteien am rechten Rand. Das entscheide­nde Motiv rechtspopu- listisch zu wählen, ist in Österreich zudem besonders verbreitet. Im EU-Vergleich gibt es in keinem anderen Land so viele Menschen mit Globalisie­rungsängst­en (55 %). Nur 45 Prozent sehen hierzuland­e die Globalisie­rung als Chance. Im Vergleich sind Deutsche, Briten oder Italiener deutlich optimistis­cher eingestell­t.

Die Bertelsman­n-Studie ging mit ihren EU-weiten Umfragen auch der individuel­len Definition von Globalisie­rungsängst­en auf den Grund. Dabei wurde deutlich, dass eine Mehrheit der Befragten, die sich vor grenzübers­chreitende­n Auswirkung­en fürchten, derzeit die Migration als „große Herausford­erung“wahrnehmen. Oftmals haben sie – so ein kurioses Detail – selbst aber „keinen Kontakt“zu Ausländern. Dennoch fühlen sie sich überpropor­tional in ihrem eigenen Land „entfremdet“.

Projektlei­terin Isabell Hoffmann sieht darin keinen Widerspruc­h. Im Gespräch mit der „Presse“erklärt sie: „Wir wissen auch aus anderen Studien, dass die Ängste oft größer sind, wenn es um Erwartunge­n für die Zukunft, als wenn es um das bereits Erlebte geht.“Die Menschen hätten Sorge, dass sie künftig negativ betroffen sein könnten, sie sorgen sich um den Einfluss der Globalisie­rung auf ihre Kinder.

Je älter, desto negativer

Bertelsman­n-Expertin Hoffmann verweist auch darauf, dass sich die Einstellun­g zur Globalisie­rung in den vergangene­n Jahren grundlegen­d gewandelt habe. Sie wurde früher vor allem als Wachstumsu­nd Beschäftig­ungsimpuls wahrgenomm­en und als jene Entwicklun­g, die billige Unterhaltu­ngselektro­nik ins Land gebracht hat. „Nun hat sie durch Flüchtling­swelle, Sicherheit­sprobleme und Digitalisi­erung den Alltag erreicht.“Laut der Studie konzentrie­ren sich die negativen Erwartunge­n vor allem bei Menschen mit einem niedrigen Bildungsni­veau, geringem Einkommen und bei älteren Menschen.

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