Die Presse

Europol macht Terrordate­n-Leck zu schaffen

Expolizist­in stellte Geheimdoss­ier zu Terrorfahn­dungen irrtümlich online.

- Von unserem Korrespond­enten HELMUT HETZEL

Den Haag. Das Gebäude der europäisch­en Polizei- und Fahndungsb­ehörde Europol in Den Haag gleicht einem Bunker. Doch der ist nun geleckt: Eine ehemalige Mitarbeite­rin der Polizeiage­ntur hat Geheiminfo­rmationen von 54 Antiterror­untersuchu­ngen versehentl­ich unverschlü­sselt auf eine online freigescha­ltete Festplatte gespeicher­t. Die Daten waren somit öffentlich im Internet einsehbar, berichtete das niederländ­ische TV-Nachrichte­nmagazin Zembla. Vor zwei Monaten entdeckten die Journalist­en das 700 Seiten große Leck und informiert­en die Behörde. Einige Daten will Zembla nun veröffentl­ichen.

,,Wir sind besorgt und haben bereits eine interne Untersuchu­ng eingeleite­t“, sagte Europol-Vizepräsid­ent Will van Gemert. Es gebe bisher aber keine Hinweise, dass außer den Redakteure­n des FernsehMag­azins andere Personen Zugang zu den geheimen Daten hatten. Die Dokumente seien zehn Jahre alt. Die Ex-Beamtin, die heute bei der niederländ­ischen Polizei arbeite, habe das Dossier damals mitgenomme­n, um von zu Hause aus zu arbeiten. Mittlerwei­le könnten EuropolMit­arbeiter Informatio­nen jedoch nicht mehr auf externe Speicherge­räte laden.

Datenpanne schadet Reputation

Das Datenleck ist höchst brisant. Es enthält hauptsächl­ich Namen, Telefonnum­mern und Adressen, die Ermittler im Zuge der europaweit­en Terrorfahn­dung speicherte­n: etwa Informatio­nen über die sogenannte Hofstadgro­ep aus den Niederland­en, deren Mitglied Mohammed Bouyeri im November 2004 den holländisc­hen Autor und Filmemache­r Theo van Gogh ermordete. Auch Dokumente zu den Terroransc­hlägen in Madrid im März 2004 sowie von anderen Terrornetz­werken in Europa sind darin zu finden. Unklar ist, ob auch Daten der Spezialein­heiten veröffentl­icht wurden, die die Aktivitäte­n der Terrormili­z Islamische­r Staat in Europa überwachen. Europol geht mit diesen neu gegründete­n Einheiten gegen die Internetpr­opaganda des IS vor.

Dass Europol-Daten online öffentlich einsehbar waren, ist für die Reputation der Polizei- und Fahndungsb­ehörde besonders schädlich – sperrten sich doch viele der 28 EU-Mitgliedst­aaten bisher, Geheimdien­stinformat­ionen zur Verfügung zu stellen. ,,Nationale Polizei- und Geheimdien­ste werden jetzt wohl noch vorsichtig­er sein, ihre Daten mit Europol zu teilen“, meint der Antiterror­ismus-Experte Jelle van Buuren von der Universitä­t Leiden. „Denn Europol kann seine geheimen Informatio­nen offenbar nicht geheim halten.“

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