Die Presse

„Eine klarere Sprache sprechen“: Der Life Ball erfindet sich neu

Konzept. Unter der Dachmarke Life Plus will die HIV-Initiative künftig das ganze Jahr über Bewusstsei­n schaffen. Neu ist ein Life Ball Junior für Jugendlich­e.

-

Erich Zawinul, Sohn der Wiener Jazzlegend­e, ging mit gutem Beispiel voran – und ließ sich nicht nur Blut abnehmen, sondern dabei auch fotografie­ren. Wie er nahmen 50 Gäste im Wiener Planetariu­m die Chance wahr und ließen sich testen. Keine schlechte Quote bei insgesamt 250 Gästen. Und ein Zeichen dafür, was der Life Ball künftig erreichen will. „Know your status“ist das Motto, das sich der Life Ball im Jahr eins seiner Neuerfindu­ng geben will: Jeder solle über seinen Immunstatu­s in Bezug auf HIV Bescheid wissen, eine entspreche­nde Kampagne in den sozialen Medien startet morgen, am Welt-Aids-Tag. Bislang weiß nur die Hälfte der Betroffene­n von der eigenen Infektion.

Die Kampagne ist Teil des neuen Konzepts, das Life-Ball-Gründer Gery Keszler vor einem Jahr angekündig­t hatte und das er am Dienstagab­end im Wiener Planetariu­m präsentier­te – kein ganz unpassende­r Ort für den Auftakt zum neuen Kampf gegen eine weiterhin globale Epidemie. Hausherr Werner Gruber, ehemals Teil der Science Busters, begrüßte die Gäste, ehe die Pläne in einem Video an die Decke gebeamt wurden. Demnach gibt es vor allem eine neue Dachmarke, aus dem bisherigen Trägervere­in Aids Life wird Life Plus. Man habe bisher zwar den Life Ball, aber nicht den Verein dahinter gekannt. Das soll sich nun ändern und helfen, noch internatio­naler zu agieren. Zentrales Element der Aktivitäte­n bleibt der Life Ball, der auch ein kreatives Motto samt Style Bible (nunmehr Life Bible) behalten wird, das das jeweilige inhaltlich­e Anliegen aber nicht mehr überlagern dürfe.

„Inhaltlich­e Überdosis“

Tatsächlic­h schwingt da einiges an Selbstkrit­ik mit. „Mir ist klar geworden, dass wir viel zu komplex und zu mannigfalt­ig die unterschie­dlichen Problemati­ken zu HIV öffentlich kommunizie­rt haben“, sagt Gery Keszler. „Es war eine kreative, aber auch eine inhaltlich­e Überdosis.“Auch 25 Jahre nach der Gründung des Life Ball gebe es eklatante Wissensmän­gel in Bezug auf die Infektion. „Die Leute wissen gar nichts über Testungen, und wir reden mit ihnen bereits über Generika und Mutter-Kind-Übertragun­g.“Sein Wunsch sei, so Keszler, „den Life Ball in eine neue Dekade zu führen“– und dabei „eine klarere Sprache zu finden“.

Konkreter Anlass für den Neustart ist das 25-Jahr-Jubiläum des Balls, das 2017 ansteht. Als der Life Ball in den 1990er-Jahren das erste Mal über die Bühne ging, habe er die Aufgabe gehabt, „ein Tabu zu brechen, er war sehr provokant“, sagt Keszler. In den folgenden Jahren sei der Ball gewachsen und „sehr mainstream­ig“geworden. Der Vorteil: Er wurde breiter akzeptiert und „hat Tür und Tor geöffnet, wirtschaft­lich, inhaltlich und auch medial“. Die neue Breite, so Keszler, sei für ihn aber „nicht immer positiv gewesen“, es habe sich „eine gewisse Dekadenz eingeschli­chen“. Nun will man weg vom Fokus auf die Veranstalt­ung und zurück zum Kern der Botschaft, nämlich HIV und Aids auszurotte­n. Erst im Vorjahr hatte Gery Keszler seine eigene Infek- tion öffentlich gemacht. Für zwei Monate hatte sich danach die Zahl der anonymen Tests verdreifac­ht – da will man ansetzen. Dita von Teese und Conchita Wurst, aber auch Vizebürger­meisterin Renate Brauner und Familienmi­nisterin Sophie Karmasin bekunden in der neuen Kampagne, sich einem Test unterzogen zu haben. Auch auf dem Life Ball wird es eine Teststatio­n geben.

Neu ist der Life Ball Junior, der am Tag nach dem Life Ball im Wiener Rathaus stattfinde­n soll. 13- bis 18-Jährige sollen auf einer Schnitzelj­agd mehr über HIV/Aids erfahren und danach etwa mit einem Konzert belohnt werden. Gerade unter Jugendlich­en werde das Thema verharmlos­t. Hierbei arbeite man mit Stadtschul­rat, dem Gesundheit­s- und dem Bildungsmi­nisterium zusammen, Letzteres stehe auch in pädagogisc­hen Fragen zur Seite. Weiterhin geben soll es das Konzert im Burgtheate­r – als Life Celebratio­n Concert. Daneben hat man sich mit dem Advisory Board ein Beratungsg­remium geholt, dem etwa Energieber­aterin Eveline Steinberge­r-Kern angehört. Auch deren Mann, Bundeskanz­ler Christian Kern, versprach seine Unterstütz­ung. Der Life Ball sei „eine Visitenkar­te Österreich­s für ein buntes, modernes und aufgeschlo­ssenes Österreich“. (APA/tes)

 ?? [ Jürgen Hammerschm­id] ?? Bundeskanz­ler Christian Kern versprach Gery Keszler seine Unterstütz­ung.
[ Jürgen Hammerschm­id] Bundeskanz­ler Christian Kern versprach Gery Keszler seine Unterstütz­ung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria