Den sechsten Streich im Visier
Seit fünf Jahren dominiert Martin Fourcade den Weltcup. Wer kann den Franzosen heuer vom Thron stoßen?
Östersund/Wien. Im Sommer nach seinem fünften Gesamtweltcupsieg in Folge gab Martin Fourcade einen großzügigen Einblick in seine Welt. Fünf Tage lang weilte Simon Schempp, Deutschlands Topbiathlet, der immer wieder von Gesundheitsproblemen zurückgeworfen wurde, in Fourcades Heimatdorf Villard-de-Lans. Er wohnte bei Fourcade, trainierte mit ihm und war dem Erfolgsgeheimnis des Franzosen auf der Spur. Schempps Bericht: Der Meister wohne relativ einfach, er trainiere sehr viel allein, manchmal mit seinem Bruder Simon; seine läuferischen Fähigkeiten seien außergewöhnlich, Beinund Armlänge sowie Körpergröße (1,86 m) perfekt für einen Biathleten, die Hebelverhältnisse extrem gut. Auch heuer werde der Sieg nur über ihn führen.
Der Meistertrainer fehlt
Tatsächlich dürfte sich an Fourcades Dominanz wenig geändert haben, der 28-Jährige – er relaxt im Sommer gern auf den Seychellen oder in Tahiti – gewann beim Weltcupauftakt am Wochenende in Östersund mit Marie Dorin Habert die Single-Mixed-Staffel und präsentierte sich dabei in bestechender Laufform. „Ich bin ziemlich zufrieden mit meinem Level. Ich weiß um meine Stärken“, erklärte er danach. Dazu zählt auch weiterhin seine überragende Psyche am Schießstand. Bedächtig oder blitzschnell – Fourcade schoss je nach Bedarf gewohnt treffsicher. Auch den Abgang seines langjährigen Trainers Siegfried Mazet nach Norwegern hat er offenbar verkraftet.
In Östersund aber stellt sich die Frage, ob der Superstar auch heuer den Einzelauftakt über 20 km (18 Uhr, live ORF eins) verpatzen wird. Immerhin ist dieser Bewerb so etwas wie seine Lieblingsdisziplin, über 20 km hat er neben etlichen Weltcups auch die jüngsten drei WM-Titel und Olympia-Gold 2014 gewonnen. Beim Saisonauftakt in Schweden aber landete Fourcade zuletzt auf den Plätzen 21 (2015) und 81 (2014).
Den weiteren Verlauf der beiden Winter dominierte er freilich wieder in gewohnter Manier, allein seine Ausbeute bei der WM 2016 in Oslo spricht Bände: viermal Gold, einmal Silber. „Ich weiß, dass ich gut bin, ich weiß nicht, ob andere besser sind, aber ich werde unter denen sein, die um das Podest kämpfen“, meinte er diplomatisch.
Highlight Hochfilzen
Die üblichen Verdächtigen auf der Jagd nach Fourcade sind neben Schempp die Norweger: der nimmermüde Ole Einar Björndalen, der im Vorjahr in Östersund seinen 94. und bisher letzten Weltcupsieg feierte und in seine 24. Weltcupsaison startet, Emil Hegle Svendsen („Ich werde nicht eher aufhören, bis ich wieder der Beste der Welt bin“) und die Bö-Brüder Johannes Thingnes und Tarjei. Außerdem die Russen um Anton Schipulin. Mit Blick auf die russische Dopingproblematik fährt Chefcoach Ricco Groß dort eine Nulltoleranz-Politik, um ein Zeichen zu setzen hat der Deutsche die Trainingseinheiten nach Mitteleuropa verlegt.
Bei den Österreichern zielt der Formaufbau vor allem auf die Heim-WM im Februar in Hochfilzen ab. Simon Eder aber matchte sich in Östersund im Single-Mixed bereits mit Fourcade und wurde Zweiter (mit Lisa Hauser). In Bestverfassung wähnte sich Eder noch nicht, erst Anfang November wurde dem Gesamtfünften der Vorsaison ein Weisheitszahn entfernt. Auch Dominik Landertinger hat nach einem Bandscheibenvorfall noch Aufholbedarf.