Wer teures Öl braucht
Abhängigkeit. Die Opec-Länder sind heterogen. Kuwait reicht ein Ölpreis von 48 Dollar, Libyen bräuchte 216 Dollar.
Dollar einbrach, waren US-Bohrtürme unrentabel.
Saudiarabien hat sich allerdings auch verkalkuliert, als es glaubte, dass die Marktkräfte Angebot und Nachfrage sehr schnell von allein ausbalancieren würden. Letztlich hat der niedrige Ölpreis alle Opecund Nicht-Opec-Staaten bluten lassen und in eine epochale Wirtschaftskrise gestürzt.
Fragezeichen über Russland
Bei aller Euphorie über die gestrige Einigung: Die Macht der Opec darf auch jetzt nicht überschätzt werden. Die Mitglieder bleiben zerstritten. Und die Einigung ist noch keine Garantie dafür, dass sich die Länder auch an das Abkommen halten werden. Schließlich ist auch noch unklar, wie sich Russland, größter Ölproduzent außerhalb der Opec, nun verhalten wird: Moskau hat ja angekündigt, den Opec-Deal abzuwarten und dann über einen etwaigen Beitrag zu entscheiden.
Vor allem beschleunigt ein steigender Ölpreis die Rückkehr der US-Schieferölproduzenten, was den Preis beizeiten treiben wird. Laut Baker Hughes, einer der führenden Erdöl-Servicefirmen der Welt, hat sich die Anzahl der Bohranlagen seit Mai auf 474 verdoppelt. Wien. Auch wenn die Opec sich um den Eindruck bemüht, eine Organisation weitgehend homogener Staaten zu sein, die alle in einem Boot sitzen, ist in Wahrheit das Gegenteil der Fall. Neben allen anderen – etwa religiösen – Differenzen trennt die 14 Mitglieder vor allem ihre ökonomische Heterogenität. Entsprechend unterschiedlich wurden die Staaten denn auch vom Ölpreisverfall, den vor allem Saudiarabien ab Mitte 2014 verursacht hat, getroffen. Mit dem Effekt, dass heute auch alle einen unterschiedlich hohen Ölpreis bräuchten, um wieder ein ausgeglichenes Budget hinzukriegen.
Frappierende Daten
Wie hoch der Preis sein müsste (siehe Grafik), hat die Agentur Bloomberg ausgehend von Daten des Internationalen Währungsfonds und diverser Investmentbanken eruiert.
Das Ergebnis ist in der Tat frappierend. So reicht dem Iran, der erst seit Kurzem wieder Öl liefert und daher aufgrund der zuvor langen Sanktionen kein Freund von Kürzungen ist, ein Preis von 55,3 Dollar je Barrel. Ähnlich der Irak, zweitgrößter Opec-Ölproduzent hinter Saudiarabien und vor dem Iran.
Kuwait wiederum, das traditionellerweise gemeinsam mit Saudiarabien Förderkürzungen schulterte, genügen gar 47,8 Dollar. Saudiarabien hingegen, das aus Geldmangel kürzlich zum ersten Mal Staatsanleihen (für 15,6 Mrd. Euro) ausgegeben hat, bräuchte einen Ölpreis von 79,7 Dollar. Algerien würde bereits 90,6 Dollar benötigen, Ecuador 104,69 Dollar und Venezuela 117,5 Dollar, was etwa dem Preisniveau aus der Zeit vor dem Absturz 2014 gleichkommt. Am weitesten vom Nulldefizit entfernt ist Libyen, das aufgrund des Bürgerkrieges von Förderquoten ausgenommen ist und einen Preis von 216,5 Dollar je Barrel bräuchte.
Russland übrigens, größter Öllieferant außerhalb der Opec, würde mit 69 Dollar je Barrel ein Nulldefizit erreichen. (est)