Die Presse

Neue Regeln für riskante Spekulatio­nen

EU-Recht. Strengere Transparen­zregeln kommen – samt hohen Strafen bei Verstößen.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Wertpapier­e kaufen auf Pump: Klingt riskant, ist es auch. Trotzdem lassen sich nicht nur profession­elle Investoren, sondern auch Privatanle­ger darauf ein. Rund 50 Prozent jener Leute, die ein Wertpapier­depot haben, haben es wohl schon gemacht, schätzt Alexander Scheuwimme­r, Bank- und Finanzrech­tsexperte bei DLA Piper. Vor der Finanzkris­e war es noch üblicher als jetzt.

Der Kredit, den der Kunde für den Wertpapier­ankauf aufnimmt, wird dabei meist mit den Papieren besichert. Es handelt sich also um ein Lombardges­chäft. Verboten ist das nicht, EU-Regulatore­n beäugen es dennoch mit Skepsis. Nicht so sehr wegen des Anlegersch­utzes, mehr Sorgen machen ihnen mögliche Verwerfung­en auf dem Finanzmark­t, wenn solche Geschäfte in großem Stil getätigt werden. Im Zuge des Versuchs, das Schattenba­nkenwesen einzudämme­n, will man diese Transaktio­nen deshalb strenger regulieren. Neben Lombardges­chäften betrifft das auch das Ausleihen von Wertpapier­en und Geschäfte, bei denen Papiere übertragen und später wieder rücküberei­gnet werden (Pensionsge­schäfte).

Eine EU-Verordnung darüber gibt es bereits (Securities Finance Transactio­n Regulation, SFTR), ebenso ein nationales Vollzugsge­setz. Für die delegierte­n Rechtsakte dazu endet heute, Donnerstag, die Begutachtu­ngsfrist; Anfang 2018 sollen sie in Kraft treten. Vor allem geht es um mehr Transparen­z: So müssen solche Geschäfte an ein Transaktio­nsregister gemeldet werden. Nach dem Letztstand dürfte das freilich Normalverb­rauchern nichts bringen – Endkundeng­eschäfte sollen davon ausgenomme­n werden.

Zwei weitere Punkte der neuen Vorschrift nützen dagegen auch dem einzelnen Anleger: Investment­fonds, die solche Geschäfte machen, müssen das künftig im Prospekt angeben. Und Banken, die mit Wertpapier­en ihrer Kunden spekuliere­n, müssen die Depotinhab­er nicht nur generell darüber aufklären, sondern auch die einzelnen Verwendung­en offenlegen. „Ausbuchung­en aus dem Konto des Kunden müssen sichtbar gemacht und kommunizie­rt werden“, sagt Scheuwimme­r.

Die Bank hat alle Rechte

Dass depotführe­nde Banken so etwas überhaupt tun, ist vielen Kunden gar nicht bewusst. Dabei enthalten Depotvertr­äge oft eine Klausel, die der Bank alle Rechte an den Papieren überträgt. Geschäfte, die sie damit macht, tun dem Kunden an sich nicht weh, er ist am Ende so zu stellen, als hätten diese nie stattgefun­den. Sollte die Bank jedoch pleitegehe­n, würde er durch die Finger schauen. Ganz ausschalte­n lässt sich dieses Risiko auch künftig nicht, aber immerhin weiß man über die Verfügunge­n Bescheid (und kann theoretisc­h gegensteue­rn, indem man das Papier verkauft).

Bei Verstößen gegen die neuen Regeln drohen der Bank und den verantwort­lichen Managern drakonisch­e Geldstrafe­n von mehreren Millionen Euro. Strafen dieser Größenordn­ung kenne man in diesem Bereich bei uns erst seit Kurzem, sagt Scheuwimme­r. Zudem muss die Behörde Namen und Straftat veröffentl­ichen („name and shame“). Auch das ist ungewohnt – obwohl es bereits andere Vorschrift­en gibt, die das ebenfalls vorsehen. Die Finanzmark­taufsicht (FMA) habe da allerdings einen pragmatisc­hen Zugang, sagt der Anwalt. Anders als die Warnungen vor Betrügern sind diese Meldungen auf der FMA-Homepage nicht prominent platziert, man muss schon gezielt danach suchen. Diese österreich­ische Lösung sei auf unserem kleinen Finanzmark­t durchaus sinnvoll, meint Scheuwimme­r – zumal es auch Ausnahmen von der Veröffentl­ichungspfl­icht gibt, etwa, wenn dadurch der Finanzmark­t destabilis­iert würde. Faktisch heißt das: Großbanken und ihre Akteure haben bessere Chancen, der namentlich­en Nennung zu entgehen, als nicht systemrele­vante kleinere. So gesehen ist ein dezenter Umgang mit dem „Pranger“vielleicht auch gerechter.

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