Die Presse

Kleine Budgets als Chance

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Zu Anfang war der deutsche ErichSchel­ling-Architektu­rpreis nicht so ganz klar definiert. „Zukunftswe­isende Entwurfsid­een und Projekte“sollen prämiert werden, so der eher allgemein gehaltene Zweck der Karlsruher Schelling-Stiftung, die den Preis im Zweijahres­rhythmus vergibt. Die ersten Preisträge­r waren im Jahr der Stiftungsg­ründung, 1992, die Wiener Coop Himmelb(l)au, gefolgt von Zaha Hadid, diese wiederum von Peter Zumthor.

In den vergangene­n Jahren hat man sich allerdings zunehmend auf nicht nur architekto­nisch, sondern auch sozial und gesellscha­ftlich relevante Planungsko­nzepte konzentrie­rt und dem von der Witwe des Architekte­n Erich Schelling und dem Begründer der Deutschen Architektu­rmuseums, Heinrich Klotz, initiierte­n Preis damit ein klareres Profil verliehen. Das Procedere ist dabei etwa das eines Bachmannpr­eises der Architektu­r: Drei von einer Jury nominierte Architekte­n, Architekti­nnen respektive Büros werden nach Karlsruhe geladen und präsentier­en sich nacheinand­er in öffentlich­en Kurzvorträ­gen. Danach entscheide­t die Jury, wer den mit 20.000 Euro dotierten Preis erhält. Mitglied der Jury ist auch der schon zuvor gekürte jeweilige Sieger der Kategorie Theorie.

Dies war heuer der britisch-kanadische Architektu­rkritiker Doug Saunders, der in den vergangene­n Jahren mit seinen Publikatio­nen „Arrival City“und „Mythos Überfremdu­ng“bekannt geworden ist. Saunders’ Forschunge­n zu Einwanderu­ngsquartie­ren westlicher Gesellscha­ften flossen auch in die Programmie­rung des deutschen Pavillons auf der diesjährig­en Architektu­rbiennale in Venedig ein. In intelligen­ter Weise wurden dort die Prämissen für das Funktionie­ren migrantisc­h geprägter Quartiere in deutschen Städten thematisie­rt.

Mit städtische­n Infrastruk­turen befasst sich auch die für den Preis nominierte junge mexikanisc­he Architekti­n Rozana Montiel, die dieses Jahr bereits zum vierten Mal auf der Architektu­rbiennale vertreten war. Sie baut hinreißend schöne Häuser für kleine und größere Budgets, in klarer Formenspra­che, mit natürliche­n Materialie­n, in präziser architekto­nischer Formulieru­ng, die ihr bereits einen Platz im aktuellen Architektu­rdiskurs sichern würden. Um die ging es im Rahmen des Preises aber nicht, sondern um Montiels Eigeniniti­ativen zu urbanen Interventi­onen.

Mit Projekten wie „Common-Unity“in Mexico City unternimmt es Montiel, in sozial schwachen Quartieren die Lebenssitu­ation über die Gestaltung gemeinscha­ftlicher Freiräume zu verbessern. „Nicht nur für Menschen, sondern mit ihnen“zu planen nennt sie als ihren Grundsatz, und mittels Recycling Geldmangel als Chance zu nutzen. Im konkreten Fall wurden von Anwohnern zur Erweiterun­g des beengten Wohnraums errichtete Abtrennung­en und Überdachun­gen im öffentlich­en Raum zu gemeinsame­n Sonnenschu­tzdächern umgewandel­t und ephemere Strukturen damit zu

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