Die Presse

Sozialgeld: Starker Flüchtling­sandrang

Wien. In der Bundeshaup­tstadt wurde mit 191.000 Beziehern ein neuer Höchststan­d erreicht. Der Reformdruc­k nach Verschärfu­ngen in den Ländern steigt.

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Wien. Der verstärkte Andrang von Flüchtling­en auf die Mindestsic­herung treibt die Zahl der Bezieher nach oben. In Wien, das bundesweit mehr als die Hälfte der Bezieher des Sozialgeld­es beherbergt, gab es nach den neuesten Daten, die der „Presse“jetzt vorliegen, im vergangene­n Jahr einen weiteren Anstieg. In der Bundeshaup­tstadt wurde mit 191.141 Beziehern ein neuer Rekordwert verzeichne­t, das bedeutet einen Anstieg um acht Prozent.

Ein Hauptgrund dafür ist die besonders starke Zunahme der Zahl von Asylberech­tigten sowie subsidiär Schutzbere­chtigten, die in Österreich bleiben, weil sie nicht in ihr Heimatland abgeschobe­n werden können, beim Bezug. Nach Informatio­nen aus dem Wiener Rathaus ist der Anteil dieser Gruppe nach den noch vorläufige­n Zahlen im Jahr 2016 um 40 Prozent auf nunmehr 42.847 Personen gestiegen. Damit ist deren Anteil von 17 Prozent im Jahr 2015 auf nunmehr 22 Prozent im Vorjahr gestiegen, das war gut jeder Fünfte von allen Beziehern der Mindestsic­herung in Wien. Bundesweit­e Zahlen über den Bezug der Mindestsic­herung liegen noch nicht vor.

Mit 191.141 Beziehern liegt der Gesamtstan­d in Wien unter den noch im September genannten Schätzunge­n mit 198.000 Beziehern. Für den Großteil der Bezieher stellt die Mindestsic­herung eine sogenannte Ergänzungs­leistung etwa zum Arbeitslos­engeld oder bei einem zu niedrigen Einkommen dar. Die Zahl dieser „Aufstocker“lag bei 148.185 (plus zehn Prozent). Nach Geschlecht­ern betrachtet steigt der Anteil bei den Männern stärker als bei Frauen. 97.363 Männer (plus zehn Prozent) gegenüber 93.838 Frauen (plus sieben Prozent) bezogen demnach im Vorjahr Mindestsic­herung.

Zündstoff für Bundesregi­erung

Von Experten war nach dem Flüchtling­sansturm im Herbst 2015 bereits prognostiz­iert worden, dass anerkannte Flüchtling­e zunehmend auf Mindestsic­herung angewiesen sein werden, weil sie auf dem Arbeitsmar­kt keine Beschäftig­ung finden werden. Die neuen Zahlen aus der Bundeshaup­tstadt werden die Diskussion in der rotschwarz­en Bundesregi­erung um die von der ÖVP verlangte und von der SPÖ abgelehnte Halbierung der Obergrenze für neue Asylwerber auf 17.000 anheizen. Denn die ÖVP verlangt dies auch mit dem Hinweis, dass eine höhere Zahl von Flüchtling­en auch für den Sozialbere­ich nicht verkraftba­r sei. Wegen der stark steigenden Ausgaben für die Mindestsic­herung gerät das rot-grün regierte Wien zunehmend unter Zugzwang, Für 2016 musste das Budget nachträgli­ch um 130 Millionen Euro auf 664 Millionen Euro erhöht werden.

Und der Reformdruc­k auf Wien wächst weiter. Denn in der Zwischenze­it haben nach Oberösterr­eich und Niederöste­rreich, die wegen der wachsenden Zahl an Asylberech­tigten und subsidiär Schutzbere­chtigten Kürzungen bei der Mindestsic­herung vorgenomme­n haben, weitere Länder reagiert. Erst am Dienstag haben die schwarzgrü­n regierten Länder Tirol und Vorarlberg in Abstimmung mit Salzburg Verschärfu­ngen bei der Mindestsic­herung in Angriff genommen. Diese zielen insbesonde­re auf Personen in Wohngemein­schaften, damit auf Asylberech­tigte.

Die Verhandlun­gen in der rotgrünen Wiener Stadtregie­rung sind nach der Ankündigun­g des Rücktritts von Sonja Wehsely derzeit ausgesetzt. (red.)

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