„Verhalten ist nicht akzeptabel“
Deutsche Bank. Nach dem 7,2 Mrd. Dollar schweren Vergleich mit den US-Behörden in der Hypothekaraffäre gelobt Bankchef John Cryan Besserung.
Frankfurt. Auf diesen Rekord hätte John Cryan gern verzichtet. Die Deutsche Bank, deren Chef der Brite ist, kann zwar eine ihrer größten Altlasten zu den Akten legen und hat den mit Spannung erwarteten Vergleich mit den US-Behörden über unsaubere Geschäfte auf dem amerikanischen Immobilienmarkt fixiert. Die 7,2 Mrd. Dollar sind aber die höchste Strafe, die in der Sache je gegen eine einzelne Bank verhängt worden ist – und viele große Investmentbanken mussten bereits zahlen. Mit Credit Suisse hatte sich das US-Justizministerium kurz vor Weihnachten auf 5,3 Mrd. Dollar geeinigt, davon 2,5 Mrd. in bar.
Für die Deutschen hätte es noch schlimmer kommen können: Die US-Justiz hatte im September 2016 die Vergleichsverhandlungen mit einer Strafforderung von 14 Mrd. Dollar (12,8 Mrd. Euro) eröffnet. Als die Zahl durchsickerte, sorgte das vorübergehend für einen regelrechten Absturz der Bank-Aktie an der Börse. Denn viele Anleger befürchteten, eine solche Summe könne das Institut mit seiner vergleichsweise dünnen Kapitaldecke überfordern und gar eine Rettung durch den Staat nötig machen. Kunden und Hedgefonds zogen Gelder im Milliardenvolumen ab. Die Aktie fiel unter die psychologisch wichtige Marke von zehn Euro. Jetzt steht das Papier wieder bei 17,40 Euro.
Dass die Deutsche Bank im Hypothekenstreit letztlich billiger davonkommt, wurde bereits kurz vor Weihnachten bekannt, als das Geldhaus die Grundsatzeinigung mit den US-Behörden bekannt gab. Doch in Schriftform gegossen wurde die Abmachung erst jetzt, wenige Tage vor dem Präsidentenwechsel in den USA – und garniert mit zahlreichen Details zum zweifelhaften Geschäftsgebaren der Frankfurter auf dem einst so lukrativen US-Immobilienmarkt: Demnach kaufte die Deutsche Bank dort vor der Finanzkrise im großen Stil faule Hypo- theken auf, bündelte diese in hochkomplexe Wertpapiere und verkaufte sie an Anleger auf der ganzen Welt. Als die Bonds mit dem Einbruch auf dem Häusermarkt 2007 auf einen Schlag wertlos wurden, verloren viele Investoren Geld und fühlten sich getäuscht. Das Brisante dabei: Während die Deutsche Bank die Papiere nach außen als sicheres Investment verkaufte, wettete sie intern längst auf den großen Crash, wie 2011 schon aus einem vernichtenden Untersuchungsbericht des US-Senats hervorgegangen war. Hollywood inspirierte das übrigens später zum Film „The Big Short“, in dem genau solche Praktiken im Mittelpunkt stehen.
„Zu Finanzkrise beigetragen“
„Die Deutsche Bank hat nicht nur Investoren getäuscht“, kritisierte Justizministerin Loretta Lynch. „Sie hat direkt zu einer internationalen Finanzkrise beigetragen.“
Vorstandschef Cryan, 2015 mit dem Versprechen angetreten, in der Bank auszumisten, zog sich nun das Büßerhemd an: „Unser Verhalten in dieser Angelegenheit in den Jahren 2005 bis 2007 entspricht nicht unseren Standards und ist nicht akzeptabel“, erklärte er. „Wir entschuldigen uns uneingeschränkt dafür. Wir haben uns inzwischen aus vielen der betroffenen Geschäfte zurückgezogen und unsere Standards umfassend verbessert.“
Als Geldbuße muss die Bank unmittelbar 3,1 Mrd. Dollar zahlen. Der Rest entfällt auf finanzielle Zugeständnisse an Kunden in den USA in den nächsten fünf Jahren. Wie genau das passieren soll, dazu hüllt sich die Bank in Schweigen. In ähnlichen Fällen bei Konkurrenten schlugen derartige Vergünstigungen nur zu etwa 20 Prozent auf die Bilanz durch, die tatsächliche Belastung dürfte sich also in Grenzen halten. Vielen Analysten zufolge kann die Deutsche Bank die Strafe ohne Kapitalerhöhung stemmen.
Aber im vierten Quartal wird sich die Strafe deutlich bemerkbar machen. Der negative Effekt auf das Vorsteuerergebnis soll bei 1,2 Mrd. Euro liegen, schrieb Cryan in einem Brief an die Mitarbeiter. Führungskräfte dürften die Milliardenbelastung zu spüren bekommen. Laut dem „Spiegel“sollen die Boni für 2016 um 90 Prozent gekappt werden. Erstmals seien auch Investmentbanker in London und New York betroffen.
Eine große Altlast ist noch offen: der Geldwäscheskandal in Russland, wo auch die US-Behörden an vorderster Front ermitteln. Die Aufarbeitung dieser Affäre bindet intern ebenfalls Ressourcen, berichten Insider. Dabei würde sich Cryan gern verstärkt strategischen Themen widmen. Denn mächtige Großinvestoren scharren mit den Hufen: Sie wünschen abermals eine Überarbeitung des Geschäftsmodells. (Reuters/eid)