Die Presse

„Brucknervo­llender“Giuseppe Mazzuca

Zum Tod des Herausgebe­rs von Spielfassu­ngen unvollende­ter Symphonik.

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Eine Herzattack­e hat dem Leben des 77-jährigen italienisc­hen Komponiste­n und Musikwisse­nschaftler­s Giuseppe Mazzuca am vergangene­n Samstag ein Ende gesetzt. Geboren wurde der Mitherausg­eber der viel diskutiert­en Spielfassu­ng der Skizzen zum Finale von Anton Bruckners Neunter Symphonie 1939 in Cosenza. Er studierte Kompositio­n unter Einschluss der damals avantgardi­stischen Möglichkei­ten der Elektronik und schrieb Musik für den Film und für das Theater.

Als Koproduzen­ten lernte er bei dieser Gelegenhei­t seinen Kollegen Nicola Samale kennen: Mit ihm wagte er sich ins Studium der großteils in der ÖNB verwahrten Quellen zum unvollende­ten Finale der Bruckner-Symphonie, aber auch der Skizzen zu den vier nicht fertiggest­ellten Sätzen von Gustav Mahlers Zehnter Symphonie.

Kluge Essays

Die Spielfassu­ng des Bruckner-Finales – mit einem von Samale und Mazzuca komponiert­en Schluss – wurde erstmals 1985 zur Diskussion gestellt und seither immer wieder, zuletzt in Zusammenar­beit mit dem deutschen Musikologe­n Benjamin-Gunnar Cohrs, durch Hereinnahm­e neu entdeckter Bruckner’scher Partitursk­izzen ergänzt und überarbeit­et.

Von Mahlers Zehnter stellte Mazzuca 2000 eine neue, gegenüber dem legendären „Vollendung­sversuch“des britischen Wissenscha­ftlers Deryck Cooke (1964) stark veränderte Spielfassu­ng aller fünf Sätze her, die von den Wiener Symphonike­rn unter Martin Sieghart 2001 erstmals vorgestell­t wurde. Von Giuseppe Mazzuca bleiben überdies auch kluge Essays zu Werken von Bela´ Bartok´ und Gioacchino Rossini, über Filmmusik und italienisc­he Komponiste­n der Spätromant­ik. (sin)

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