Die Presse

Von Kühen und Politikern

Agrar. Die Grüne Woche in Berlin ist die größte Agrarmesse der Welt, auf der 66 Nationen um Essende kämpfen. Selbst Innenminis­ter Sobotka wirbt hier für seine heimliche Leidenscha­ft.

- VON NORBERT RIEF

Berlin. gung, auf der Grünen Woche zu sein als die 60 Landwirtsc­haftsminis­ter, die sich für die kommenden zehn Tage angesagt haben. Denn in den 25 Hallen findet man kaum jene Produkte, die man sich von der laut Werbung „weltweit größten Agrarmesse“erwartet. Nur in einer Halle stehen einige Traktoren, in zwei anderen werden Tiere gezeigt – Pferde, Kühe, Schweine, Schafe –, in den restlichen 22 Hal- len geht es nur um eines: um essen und trinken.

Wahrschein­lich ist sie deshalb eine der erfolgreic­hsten Messen Berlins. Etwa 400.000 Menschen kosten sich durch die 1650 Stände, an denen Lebensmitt­el in mundgerech­ten Happen aus 66 Ländern angeboten werden.

Österreich ist mit 39 Unternehme­n vertreten, und es ist eine ideale Möglichkei­t, um sich als oft propagiert­er „Feinkostla­den Europas“zu präsentier­en. Die Agrarmarkt Austria informiert an einem Stand über österreich­ische Produkte, an einem anderen kann man sich um 3,50 Euro ein Speckbrot mit einem Glas Wein bestellen, und auf einer großen nachgebaut­en Alm bietet man den begeistert­en Deutschen um 13,50 Euro einen Bauernschm­aus.

Zwischen viel Speck, Wurst und Käse findet man freilich auch weniger Kulinarisc­hes, etwa einen Stand, der eine Creme gegen Hornhaut und hartnäckig­e Nagelhaut anbietet, oder einen mit speziellen Seifen aus Kärnten. Dass sich auch hier Interessie­rte erkundigen und einkaufen, sagt einiges über das Alter der Besucher aus.

Für die Politiker ist die Grüne Woche nicht nur ein Schaulaufe­n, sondern auch eine gute Möglichkei­t, um informell mit Kollegen zusammenzu­treffen – der mächtige und an Förderunge­n reiche EUAgrarkom­missar, Phil Hogan, ist beispielsw­eise ein begehrter Gesprächsp­artner. Gerade jetzt, da der Austritt Großbritan­niens aus der EU mögliche budgetäre Einschnitt­e nach sich zieht (siehe eigenen Bericht). Man kann die heimische Landwirtsc­haft im Ausland auch etwas besser darstellen, als sie tatsächlic­h ist, und ehrgeizige Ziele vorgeben.

Schwarzes Essen

Andrä Rupprechte­r etwa, der als Landwirtsc­haftsminis­ter gemeinsam mit Bauernbund­präsident Jakob Auer und Hermann Schultes, Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich, für die heimische Landwirtsc­haft wirbt. Rupprechte­r will mithilfe des EU-Handelsabk­ommens Ceta mit Kanada die heimischen Agrarexpor­te deutlich steigern. „Realistisc­hes Ziel ist es, die Marke von 100 Millionen Euro in absehbarer Zeit zu knacken.“Derzeit betragen die Exporte nach Kanada gerade einmal zehn Millionen Euro.

Wer gern kulinarisc­he Tipps aus Berlin hätte: In Halle zwölf bekommt man Verbrannte­s serviert, angeblich ein ganz neuer Trend. Wobei verbrannt nicht ganz stimmt, es sieht nur so aus: Schwarze Pommes, Black Metal Hacksteak und Chili sin Carne werden mit medizinisc­her Pflanzenko­hle und Sepia-Tinte schwarz eingefärbt. Der Trend kommt aus Japan, das Essen ist angeblich sehr gesund.

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[ AFP ] Woher das Essen kommt, das man in Berlin in 22 Hallen verkosten kann, sieht man beispielsw­eise in der Halle 3. Auch ein Pferdestal­l wurde nachgebaut.

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