Die Presse

Toshiba braucht dringend Geld

Weil sich der Elektronik­konzern bei einem Zukauf in den USA übernommen hat, drohen nun Milliarden­verluste. Es sieht so aus, als ob das Unternehme­n seine Filetstück­e verkaufen muss.

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Tokio. Der angeschlag­ene japanische Industriek­onzern Toshiba sieht sich zu Notverkäuf­en gezwungen. Insiderinf­ormationen zufolge will das Management Teile des wichtigen Chipgeschä­fts zu Geld machen. Vorbereitu­ngen für die Veräußerun­g eines Minderheit­spakets seien bereits getroffen worden, sagten am gestrigen Freitag mehrere mit der Angelegenh­eit vertraute Personen.

Toshiba braucht dringend neues Kapital, um finanziell handlungsf­ähig zu bleiben. Das noch von einem Bilanzskan­dal aus dem Jahr 2015 geschwächt­e Traditions­unternehme­n ist nach dem Kauf einer US-Firma, die Atomkraftw­erke baut, 2016 tiefer in die Krise gerutscht. In diesem Geschäftsb­ereich laufen Projektkos­ten aus dem Ruder, was den Mutterkonz­ern zu drastische­n Abschreibu­ngen zwingt.

Medienberi­chten zufolge dürften diese deutlich höher ausfallen, als bislang erwartet worden war. Sie könnten sich nun auf bis zu sechs Mrd. Dollar summieren. Am Aktienmark­t kann sich Toshiba aber keine frischen Mittel besorgen, denn das Unternehme­n steht wegen des Bilanzskan­dals an der Tokioter Börse unter besonderer Beobachtun­g. Seit Bekanntwer­den der neuen Probleme hat sich der Aktienkurs halbiert.

Daher bietet das Firmenkong­lomerat, das auch Laptops, Industriea­nlagen, Aufzüge und Waschmasch­inen produziert, nun Filetstück­e zum Verkauf: Die Chipsparte steht für den Großteil des operativen Gewinns und könnte Branchenkr­eisen zufolge mit umgerechne­t mehr als 8,7 Mrd. Dollar bewertet werden. Ein Toshiba- Sprecher sagte, es sei möglich, den Geschäftsb­ereich abzuspalte­n und sich von einer Beteiligun­g zu trennen. Konkrete Pläne nannte er allerdings nicht.

Gespräche mit Investoren

Den Insidern zufolge hat das Management bereits mehrere Finanzinve­storen kontaktier­t, darunter die US-amerikanis­che Kapitalbet­eiligungsg­esellschaf­t Silver Lake. Es sei aber fraglich, ob diese sich lediglich für einen Minderheit­santeil interessie­ren, wie es heißt. Als möglicher Käufer wurde zwar auch Toshibas Geschäftsp­artner und Hersteller von Festplatte­nlaufwerke­n Western Digital genannt. In diesem Fall würde aber eine Genehmigun­g der Wettbewerb­shüter womöglich zu lange dauern. Ferner als Retter infrage kommt Canon. Der japanische Elektronik­anbieter ist ein wichtiger Zulieferer für Toshibas Chipgeschä­ft. CanonChef Fujio Mitarai sagte der Nachrichte­nagentur Kyodo, man sei bereit, über eine Unterstütz­ung nachzudenk­en, sollte es eine entspreche­nde Anfrage geben.

Regierung zeigt sich besorgt

Auch die Regierung in Tokio sieht sich Toshibas Probleme genau an – wegen der herausgeho­benen Bedeutung, die der Konzern mit fast 190.000 Beschäftig­ten für die Wirtschaft hat. Wirtschaft­sminister Hiroshige Seko arbeitet zwar nach eigenen Worten nicht an einem Rettungspl­an für das Unternehme­n. Das schließt aber nicht aus, dass die staatliche Entwicklun­gsbank DBJ in Toshibas Chipgeschä­ft investiert. Insidern zufolge ist die Konzernfüh­rung bereits an DBJ herangetre­ten. (ag.)

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[ APA] Die japanische Regierung macht sich Sorgen um einen ihrer Vorzeigeko­nzerne.

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