Keine Grippe soll uns biegen
SWer traf wen? Wer hat die Amerikanerin entdeckt? Wer war ihr Idol?
Qie fühlt sich nicht gut. Regen und Kälte sitzen ihr in den Knochen, dazu die vielen Konzerte und die Arbeit an einem neuen Album: „Happiness“heißt es und ist erst kürzlich erschienen. Jetzt zwingt sie eine schwere Grippe ins Bett. Sehr ungemütlich, auf Reisen krank zu sein. Natürlich, sie wird gut versorgt. Die meisten Mitglieder ihrer Band, die sie seit 1991 um sich versammelt hat, sind längst Freundinnen und Freunde. Wenn alle Stricke reißen, dann würde man schweren Herzens auch ohne sie singen.
Aber für die Menschenmassen, die an jenem Abend erwartet werden, wäre dies eine Enttäuschung. Und für den Gastgeber erst recht. Sie denkt mit Freude an das Konzert in Bologna, zu dem er sie im September 1997 eingeladen hat, gemeinsam mit so prominenten Kollegen wie Lucio Dalla und Bob Dylan. Ihrer aller Auftritt hat damals für eine Sensation gesorgt: Gospel, Popmusik und Chanson statt der althergebrachten Lieder, endlich. Die moderne Musik sei ein Vehikel, um die Worte des Friedens und der Versöhnung zu verkünden, so der Kommentar jenes würdevollen Mannes, der die Zeichen der Zeit zu deuten gelernt hat.
Und so ist es ein weiteres Signal seiner Toleranz, als er die Amerikanerin bittet, in der Nacht der Jahrtausendwende zusammen mit ihrem Chor öffentlich zu jubilieren. Dass sie tiefgläubig ist, weiß er, sie hat sich oft genug zu Jesus bekannt. Zugleich gilt sie als politische Aktivistin, die sich für Martin Luther Kings Bürgerrechtsbewegung eingesetzt hat. Ihr Konzert würde nochmals eine Botschaft in sich tragen.
Nun aber liegt die Künstlerin heiser und hustend im Bett. Was also tun? Sie gibt sich einen Ruck, zieht sich an und geht dick vermummt hinaus in die kalte Luft. Als sie auf der Open-Air-Bühne erscheint, ist der Jubel groß. Doch wird sie die Erwartungen erfüllen? Als sie den Hausherrn der Location mit einem Blick begrüßt, nickt er ihr verschwörerisch zu. Er hatte etwas an sich, erinnert sie sich später, das mitreißend war. Solcherart bestens bestärkt, fängt sie zu singen an – klar, ohne jedes Räuspern: Die Queen zeigt sich in Höchstform, ihre Gospels gehen via Radio- und TV-Stationen um die Welt. Ein Wunder? Zumindest eine Form der Segnung von höchster Hand. Das Jahrtausend kann beginnen.