China ist alarmiert
Zollschranken. Experten sind der Meinung, der neue US-Präsident provoziere einen Handelskrieg. Die Auseinandersetzung mit Peking gehe auch an Europa, Osteuropa und Österreich nicht spurlos vorbei: Die Volksrepublik werde mit dieser Region stärker zusammen
Wien. Die Drohgebärden werden von Tag zu Tag extremer: Der neue US-Präsident, Donald Trump, sorgt mit dem Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimischen Ländern für heftige Kritik aus der politischen Öffentlichkeit. Ebenso harsche Reaktionen löst er mit seinen Plänen für Einfuhrzölle auf ausländische Waren aus.
Aber es geht nicht nur um neue Zölle – Hürden im globalisierten Wirtschaftsgefüge: Trump hat just China, das Schwergewicht jenseits des Pazifiks, das einen Handelsüberschuss von 365,7 Milliarden Dollar mit den Vereinigten Staaten aufweist, aufs Korn genommen. China drehe an der Währungsschraube, um seine Exporte billig zu halten, China agiere mit – unfairen – staatlichen Subventionen, China stehle intellektuelles Eigentum: Diese Vorwürfe Trumps blieben in Peking nicht unerwidert. Präsident Xi Jinping hat ganz klar und deutlich dem Protektionismus eine Absage erteilt.
Stehen wir also am Rand eines von Trump provozierten Handelskriegs? „China ist sehr alarmiert, Peking will aber die Bevölkerung nicht verunsichern“, lautet die Einschätzung von Wolfgang Maurer, Partner beim Beratungsunternehmen Aracon. Der China-Experte, der die Niederlassung in Shanghai leitet, ist überzeugt: „Falls die USA hart bleiben, wird China zurückschießen.“
Für Maurer, der am Mittwoch auf Einladung der Anwaltskanzlei Wolf Theiss seine Sicht zu den möglichen Umbrüchen im Welthandel darlegte, ist die Volksrepublik nicht das einzige Problem für Trump – und damit das Ziel seiner Attacken: Mit Deutschland haben die USA ein Handelsdefizit von 74 Milliarden Dollar, mit Japan macht es knapp 70 Milliarden aus.
Hohe Wachstumsraten notwendig
Egal, wie heftig der Schlagabtausch noch geführt wird – für Maurer würden beide Staaten verlieren. „China aber mehr, denn dessen Exporte sind von den USA mehr abhängig als umgekehrt.“Und: Der Handel befeuert wiederum jene Wachstumsraten, die China braucht, um seine Entwicklung voranzutreiben und Jobs zu schaffen. Schließ- lich habe sich Peking das Erreichen der globalen Dominanz in den nächsten zehn bis 15 Jahren auf die Fahnen geschrieben.
Nicht nur für Maurer, sondern auch für Shan Luo (Leiterin des China-Geschäfts bei der Raiffeisen Bank International) ist evident, dass die Wirtschaftspolitik von Trump tektonische Verwerfungen nach sich ziehen werde. Und da kämen Europa, Osteuropa (CEE) und auch Österreich ins Spiel. „Eu- ropa und China werden ihre Beziehungen hinsichtlich Handel, Investment und Peacekeeping intensivieren, und China wird Barrieren für ausländische Direktinvestitionen abbauen“, sagte Maurer. Wenn ausländische Unternehmen beim Erwerb chinesischer Unternehmen angemessene Rahmenbedingungen vorfinden sollen, müssen bestehende Barrieren abgebaut werden.
Umgekehrt sind die Experten überzeugt, dass China seine Investitionen in Südosteuropa – und Österreich – verstärken wird. Dabei spielt die Initiative zur Neuen Seidenstraße (One Belt One Road) eine wichtige Rolle. Im Vorjahr gab es hierzulande nur zwei Übernahmen, geht aus der aktuellen Studie des Beraters EY hervor: Der Kompressorhersteller Kaishan stieg bei LMF ein, der Autozulieferer Zhongding kaufte Austria Druckguss. Insgesamt stieg der Wert chinesischer Investments in Europa im Vorjahr von 30,1 auf 85,8 Milliarden Dollar. „Geld ist in China genügend da, es fehlt hierzulande eher an geeigneten Zielen“, meinte WolfTheiss-Partner Christian Mikosch. Das könne sich noch ändern.