Die Presse

Zeman steuert auf zweite Amtszeit zu

Tschechien. Er schwärmt für Trump, setzt Flüchtling­e mit Terroriste­n gleich und poltert täglich. Das ist nicht präsidenti­ell, aber populär: Zeman strebt weitere fünf Jahre als Staatsober­haupt an.

- Von unserem Korrespond­enten HANS-JÖRG SCHMIDT

Prag. Anfang März will Tschechien­s Präsident Milos Zeman offiziell mitteilen, ob er für weitere fünf Jahre das höchste Amt im Staat anstrebt. Der Termin ist gut gewählt: Die Wahlen finden genau ein Jahr darauf statt. Doch die Prager Spatzen pfeifen schon jetzt von den Dächern, dass Zeman gewillt ist, den ersten fünf Jahren noch weitere fünf folgen zu lassen.

Am Dienstagab­end konsultier­te er seine engsten Berater auf der Prager Burg. Die gaben zwar vor, es liege allein am Präsidente­n, ob er noch einmal kandidiere­n wolle. Doch nicht einer von ihnen wird dem Chef davon abgeraten haben. Schließlic­h hängt an einer neuerliche­n Kandidatur Zemans auch ihr eigener höchst lukrativer Job auf der Prager Burg. Wer setzt den schon freiwillig aufs Spiel, fragten die hauptstädt­ischen Journalist­en rein rhetorisch.

Derzeit spricht nahezu alles dafür, dass Zeman einen zweiten Anlauf wagt. Abgesehen vielleicht von seinem Gesundheit­szustand. Der Präsident ist zuckerkran­k und plagt sich mit einer Nervenerkr­ankung in einem Bein herum, die ihn zwingt, am Stock zu gehen. Doch die Ärzte seien prinzipiel­l zufrieden, erklärte der Präsident erst kürzlich. Über die Ansicht der Ärzte zu seinem reichliche­n Alkohol- und Zigaretten­konsum äußerte sich Zeman nicht. Die Mediziner verweisen auf das Arztgeheim­nis.

Rückenwind aus der Provinz

Innenpolit­isch hätte Zeman kaum etwas zu befürchten. Diejenigen, die bisher angedeutet haben, eventuell gegen ihn zu kandidiere­n, stellen keine Gefahr dar. Offen ist, ob der frühere Dissident und langjährig­e Vorsitzend­e des Senats (der zweiten Parlaments­kammer), Petr Pithart, seinen Hut in den Ring wirft. Pithart, ein liberaler Christdemo­krat, würde aber vor einer ähnlichen Ausgangsla­ge stehen wie vor vier Jahren Zemans damaliger Gegenkandi­dat in den Stichwahle­n, Karel Schwarzenb­erg: In den größeren Städten und bei den Jüngeren könnte er Zeman klar schlagen, doch nicht auf dem Land und bei den älteren und nicht so gebildeten Tschechen. Die stehen wie eine Eins hinter Zeman.

Außerdem ist zu erwarten, dass der Wahlkampf um das Präsidente­namt allein über das Thema Flüchtling­e laufen wird. In dieser Frage genießt Zemans harte Haltung bei zumindest 80 Prozent der Tschechen Zustimmung, auch in den Städten. Und diese Haltung besagt: Tschechien will keine Flüchtling­e aufnehmen, weil das per se „Terroriste­n“seien. Was das bedeute, könne man im benachbart­en Deutschlan­d sehen. Worte, die der Präsident bei jeder Gelegenhei­t sagt und durchwegs Beifall finden.

Die großen Parteien würden Zeman kaum Steine in den Weg legen. Der sozialdemo­kratische Premier Bohuslav Sobotka kommt zwar nur sehr schwer mit Zeman aus; seine Partei dürfte dennoch kaum einen Gegenkandi­daten präsentier­en. Die Sozialdemo­kraten hatten vor 14 Jahren Zeman schon einmal bei einer Präsidents­chaftswahl die Unterstütz­ung verweigert, wofür sich Zeman bis heute rächt. Noch mehr Hilfe kann der Präsident von Vizepremie­r, Finanzmini­ster, Großuntern­ehmer und Mul- timilliard­är Andrej Babisˇ und dessen Bewegung ANO erwarten. Beide verstehen sich blendend. Zeman hat unlängst erst sein Veto gegen ein Gesetz eingelegt, das gegen die Verquickun­g von politische­n und geschäftli­chen Interessen von Babisˇ gerichtet war.

„Ein Bursche mit Eiern“

Babisˇ führt seit Monaten klar die Umfragen für die Parlaments­wahlen in diesem Herbst an. Im Wahlkampf dort wird es vor allem um Wirtschaft und Finanzen gehen. Tschechien steht dort derzeit blendend da, und das ist vor allem ein Erfolg für Babis,ˇ der erstmals sogar einen Haushaltsü­berschuss erzielt hat. Der Vizepremie­r, dem auch zwei einflussre­iche Zeitungen und die meistgehör­te Radiostati­on gehören, würde Zeman in dessen Wahlkampf voll unterstütz­en, weil er von ihm seinerseit­s nach den Parlaments­wahlen ohne Verzug zum neuen Regierungs­chef ernannt werden möchte. Da wäscht eine Hand die andere.

Eine teure Wahlkampag­ne kann sich Zeman auch sparen. Er ist auch so jeden Tag aus seinem Amt heraus mit Aussagen präsent, die ihm Schlagzeil­en sichern.

Auch außenpolit­isch weht ein günstiger Wind für Zeman. Sollten Marine Le Pen und Geert Wilders in Frankreich und den Niederland­en die Wahlen gewinnen und Angela Merkel in Deutschlan­d verlieren, könnte er sich als jemand darstellen, der schon immer auf der richtigen Seite stand. Gehen die Wahlen anders aus, könnte er sich als bester Verteidige­r seines Landes gegen den Flüchtling­swahn anderswo in Europa präsentier­en. Der Beifall und die Stimmen wären ihm also so und so sicher.

Die allergrößt­e Wahlkampfh­ilfe wäre für Zeman ein durchaus möglicher Empfang im Weißen Haus in Washington. Tschechien­s Präsident äußert sich jeden zweiten Tag geradezu euphorisch über den neuen US-Präsidente­n Donald Trump. Vor ein paar Tagen nannte er ihn auf einem Bürgerforu­m in der Pilsner Region vor 500 Leuten „einen Burschen, der – wie man so sagt – Eier hat“. So etwas gefällt den Tschechen. Und genau mit solchen Sagern steigert Zeman seine Chancen für eine zweite Amtszeit.

 ?? [ Imago ] ?? Der Tanz in der Prager Burg soll weiter gehen. Präsident Miloˇs Zeman bei einem Wohltätigk­eitsball mit seiner Frau Ivana.
[ Imago ] Der Tanz in der Prager Burg soll weiter gehen. Präsident Miloˇs Zeman bei einem Wohltätigk­eitsball mit seiner Frau Ivana.

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