Moskaus Propaganda zielt auf Merkel
Fake News. Der Auswärtige Dienst der EU warnt vor einer neuen Desinformationskampagne gegen die deutsche Regierungschefin durch russische Medien.
Brüssel. Das angeschlagene Image der deutschen Bundeskanzlerin in Sachen Flüchtlingskrise wird nun von russischer Propaganda aufgewärmt. Das Ziel der jüngsten Desinformationskampagnen richte sich hauptsächlich gegen Angela Merkel, bestätigte kürzlich Jakub Kalensky, Mitglied der European External Action Service Task Force vor Abgeordneten im Europaparlament.
Gesteuerte russische Medien, so behauptete Kalensky, würden versuchen, Merkel als schwache Politikerin darzustellen. Auf besondere Aufmerksamkeit stoßen die Nachrichten in den Visegrad-´ Ländern. Laut einer EU-Studie, die in drei dieser Länder durchgeführt wurde, konsumieren bereits 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung russische Propagandamedien. Oft verbreiten sich die Nachrichten über soziale Medien weiter und tragen zu einer allgemeinen Stimmungslage bei.
Die Einheit für Strategische Kommunikation Ost (East StratCom) im Auswärtigen Dienst der EU listet regelmäßig Medienberichte auf, die unwahre oder erfundene Nachrichten enthalten. Demnach berichtete etwa die russische Agentur für internationale Information, RIA Novosti, dass 700.000 Deutsche wegen der Politik von Angela Merkel aus ihrem Land geflohen seien. Im Bericht wird weder eine Quelle genannt noch ein Beleg für diese Zahl geliefert. Tatsächlich verlassen jährlich rund 150.000 Deutsche ihr Land, weil sie in einem anderen europäischen Land beruflich tätig werden, studieren oder ihre Pension verbringen wollen. Ein Teil kehrt nach Jahren wieder zurück.
Rund um Silvester hatten sich russische Medien mit manipulierten Nachrichten auf die Flüchtlingssituation in Deutschland, für die Merkel verantwortlich gemacht wird, eingeschossen. So berichte- ten gleich mehrere Onlinemedien über 1000 Moslems, die eine der ältesten Kirchen Deutschlands in Brand gesteckt hätten. Die Kirche stand nicht in Flammen, die 1000 Menschen waren mehrheitlich nicht muslimische Einwohner, die das neue Jahr feierten. In Tschechien wurde die Nachricht von neuen schweren Übergriffen und sexuellen Attacken von Flüchtlingen in der Silvesternacht vor dem Bahnhof in Köln verbreitet, obwohl das Gebiet diesmal von der Polizei streng kontrolliert wurde.
Bereits in den Monaten zuvor war von russisch gesteuerten Medien die Flüchtlingskrise dafür genutzt worden, ein Gefühl der Unsicherheit zu verbreiten. Die erfundene Geschichte eines Flüchtlings, der in Deutschland 320.000 Euro an Sozialleistungen für seine vier Frauen und 23 Kinder erhalten habe, wurde sogar von der britischen Boulevardzeitung „The Sun“übernommen. (wb)