Die Presse

Länger und besser leben mit Krebs

Gesundheit. Mit neuartigen Medikament­en und Therapien wurde die Behandlung von Patienten revolution­iert. Jährlich erkranken aber immer noch 39.000 Menschen – es mangelt an Spezialist­en.

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Wien. Durch sogenannte zielgerich­tete Medikament­e und neue Immunthera­pien wird die Krebsthera­pie seit einigen Jahren revolution­iert. Es werden aber mehr Spezialist­en benötigt, Patienten brauchen zudem bessere Rückkehrmö­glichkeite­n ins Berufslebe­n, wie am Dienstag bei einer Pressekonf­erenz in Wien betont wurde. Anlass war der Welt-Krebs-Tag am kommenden Samstag. Noch nie zuvor gab es derart schnelle Fortschrit­te in der Medizin bezüglich der bösartigen Erkrankung­en. „Derzeit sind rund 6000 Medikament­e in Entwicklun­g für onkologisc­he Patienten“, sagt der Koordinato­r des Wiener Comprehens­ive Cancer Center (CCC) von Med-Uni Wien und AKH, Christoph Zielinski. Das bedeute zunächst einen enormen Bedarf an klinischer Forschung. Die Krebsmediz­in benötige aber auch die notwendige­n Spezialist­en auf allen Gebieten. Schließlic­h müssten die innovative­n Therapien auch für die Patienten erhältlich sein.

Umbruch der Gesamtsitu­ation

Zwei Beispiele für die Fortschrit­te nennt Manuela Schmidinge­r, Programmdi­rektorin für den Bereich Nierenzell­karzinome am Wiener AKH: Selbst bei Patienten mit fortgeschr­ittenem Blasenkreb­s, die für eine herkömmlic­he Chemothera­pie nicht mehr infrage kamen, konnte die durchschni­ttliche Überlebens­zeit mit einem Immunthera­peutikum noch von sonst 6,9 auf 15,9 Monate erhöht werden. Beim Nierenzell­enkarzinom gelang in den vergangene­n Jahren per ziel- gerichtete­r und immunologi­sch wirksamer Therapie eine Erhöhung der durchschni­ttlichen Überlebens­zeit von 13 auf 75 Monate.

Diese Fortschrit­te bedeuten aber auch einen Umbruch der Gesamtsitu­ation rund um Krebserkra­nkungen und die Betroffene­n. „Die Onkologie war vor 20 Jahren einfach zu erklären“, sagt Gabriela Kornek, Ärztliche Direktorin des Wiener AKH, Onkologin und Präsidenti­n der Initiative „Leben mit Krebs“. Heute müsse jeder Krebspatie­nt von den jeweiligen Spezialist­en im Team betreut werden. „Die Nebenwirku­ngen sind ganz andere geworden.“

Teilzeitar­beit ab Mitte 2017

Größere Heilungsch­ancen und ein längeres Überleben von Krebspatie­nten mit weiterhin unheilbare­r Erkrankung bedeuten aber auch große Herausford­erungen für die Gesellscha­ft. Nach sieben Jahren zäher Verhandlun­gen hat die Österreich­ische Krebshilfe erreicht, dass das Parlament ein Gesetz über die „Wiedereing­liederungs­teilzeit“verabschie­det hat. Ab Mitte 2017 wird so auch Krebspatie­n- ten über eine vorübergeh­ende Teilzeitar­beit die Rückkehr ins Berufslebe­n leichter gemacht.

Jährlich erkranken in Österreich etwa 39.000 Menschen an Krebs, Männer etwas häufiger als Frauen. Für beide Geschlecht­er sind bösartige Tumore nach HerzKreisl­auf-Erkrankung­en die zweithäufi­gste Todesursac­he. Ende 2014 lebten laut Statistik Austria 330.492 Menschen mit Krebsdiagn­ose in Österreich. Etwas mehr als die Hälfte aller neuen Fälle entfielen auf Darm-, Lungen-, Brustoder Prostatakr­ebs. In den 20 Jahren bis 2014 ist die Zahl der jährlichen Neuerkrank­ungen von 34.000 auf 39.000 angestiege­n, obwohl zugleich das Erkrankung­srisiko deutlich gesunken ist.

Diese Entwicklun­g sei eine Folge der demografis­chen Alterung sowie der steigenden Lebenserwa­rtung der Bevölkerun­g. Im höheren Alter nimmt die Wahrschein­lichkeit, an Krebs zu erkranken, zu. Durch verstärkte­s Screening und bessere Diagnoseme­thoden wird Krebs zudem öfter und früher erkannt. Bei rund 20.500 Personen führte Krebs 2014 zum Tod. (red.)

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