Die Presse

Ungarische­r Zahnarzt darf mit Taxibus werben

OGH. Auch das Anbieten billiger Unterkünft­e für Patienten verletzt die Standesreg­eln nicht.

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Mit welchen Mitteln dürfen ungarische Zahnärzte Patienten aus Österreich in ihre Ordination­en locken? Damit musste sich kürzlich der Oberste Gerichtsho­f befassen (4 Ob 161/16d). Eingeschri­tten war die Zahnärztek­ammer, ihr ging gegen den Strich, dass Betreiber einer Praxis jenseits der Grenze nicht nur Preise für zahnärztli­che Leistungen im Internet nannten, sondern auch häufig Anzeigen in österreich­ischen Printmedie­n schalteten.

Zu allem Überfluss bewarben sie auch noch Zusatzleis­tungen: Für die Erstberatu­ng stehe ein kostenlose­r Abholservi­ce zur Verfügung, zudem gebe es einen wöchentlic­hen Taxibus. Auf der Website, die auch in deutscher Sprache abrufbar ist, wird weiters eine günstige Unterkunft vor Ort angeboten: „Während der zahnärztli­chen Behandlung können Sie in unserem eigenen, exklusiv eingericht­eten Appartemen­tHaus günstig oder sogar kostenlos übernachte­n.“

Nur ein Inserat pro Quartal

Das verstoße gegen die berufliche­n Werbericht­linien, monierte die Zahnärztek­ammer. Vor Gericht setzte sie sich damit jedoch bloß teilweise durch: Das Erstgerich­t erließ die einstweili­ge Verfügung nur hinsichtli­ch der exzessiven Anzeigen in Printmedie­n. Denn nach der für Zahnärzte geltenden Werbericht­linie dürfen Angehörige dieses Berufsstan­des lediglich einmal pro Kalendervi­erteljahr inserieren.

Im Übrigen wurde der Sicherungs­antrag abgewiesen, was auch das Berufungsg­ericht bestätigte. Daraufhin landete der Fall beim Obersten Gerichtsho­f (OGH). Dort verbuchte die Kammer wieder einen Teilerfolg: Die Werbericht­linie untersagt nämlich nicht nur das häufige Inserieren, sondern auch die Nennung des Preises für die eigenen privatzahn­ärztlichen Leistungen in der Öffentlich­keit (abgesehen von Fällen, in denen die Preisangab­e gesetzlich vorgeschri­eben ist). Insofern liege ein Rechts- bruch vor, entschied das Höchstgeri­cht. Ausdrückli­ch stellte es auch klar, dass ausländisc­he Freiberufl­er an die inländisch­en Standesreg­eln gebunden sind, sobald sie in Österreich tätig werden. Wobei ein Zahnarzt bereits dann im Inland tätig wird, wenn er hier um Patienten für eine Behandlung an seinem ausländisc­hen Standort wirbt.

Gibt es einen Zusammenha­ng?

An den öffentlich angebotene­n Zusatzleis­tungen fand der OGH jedoch nichts auszusetze­n: Verboten wäre es zwar, zugleich mit einer Werbung für Zahnarztle­istungen Vorteile zu verspreche­n, die mit der Behandlung in keinem Zusammenha­ng stehen. Bei einem kostenlose­n Abholdiens­t zur Erstberatu­ng, einem Taxibus und dem Hinweis auf eine Unterkunft­smöglichke­it in Ordination­snähe könne aber nicht ausgeschlo­ssen werden, dass es eben doch einen Zusammenha­ng mit der Zahnarztbe­handlung gibt, heißt es in der Entscheidu­ng.

Mehr noch: Ein Angebot wie dieses ermögliche es in vielen Fällen überhaupt erst, dass Patienten, die einen weiten Anfahrtswe­g haben, sich dort behandeln lassen können. Etwa, wenn sie über keinen Pkw verfügen und es auch keine zumutbaren öffentlich­en Verkehrsmi­ttel gibt. Um leichter Patienten zu gewinnen, die nicht am Ort der Ordination wohnen, können daher durchaus Anfahrtswe­ge zur Ordination aufgezeigt und eigene Transportg­elegenheit­en angeboten werden, fand das Höchstgeri­cht – das liege auch im Interesse der Patienten. Gleicherma­ßen liege es nahe, „einen Fahrplan öffentlich­er Verkehrsmi­ttel oder einen Link zu einem elektronis­chen Fahrplan in die Website aufzunehme­n“.

Fazit: Angebote wie diese sind in Ordnung. Und ebenso die Unterkunft­smöglichke­iten, „zumal es insbesonde­re nach schwereren zahnärztli­ch-operativen Eingriffen unter örtlicher Betäubung naheliegen­d ist, nicht sofort eine längere Heimreise anzutreten“.

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