Die Presse

Sobotka will Demos einschränk­en

Versammlun­gen. Demonstrat­ionen sollen untersagt werden können, wenn etwa Geschäftsi­nteressen bedroht sind. Ein „Versammlun­gsleiter“könnte künftig für entstanden­e Schäden haftbar gemacht werden.

- VON RAINER NOWAK UND PHILIPP AICHINGER

Wien. Wenn heute, Freitag, in Wien gegen den Akademiker­ball in der Wiener Hofburg demonstrie­rt wird, ist die Polizei mit starker Präsenz vertreten. In den vergangene­n Jahren war es bei den Protesten zu Gewaltdeli­kten gekommen. Aber auch Kundgebung­en in Einkaufsst­raßen, Spaßdemos oder Zusammenst­öße von Pro- und Kontrademo­nstranten wurden in den vergangene­n Monaten immer wieder kontrovers­iell diskutiert.

Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) plant nun eine Novellieru­ng des Versammlun­gsgesetzes, die auf diese Punkte stärker eingehen soll, wie er der „Presse“erklärt: „Wir garantiere­n das Recht auf Meinungsfr­eiheit und Versammlun­gsfreiheit, wollen aber nach mehreren negativen Erfahrunge­n mehr Rechtssich­erheit und eine klarere Regelung “, sagt Sobotka. So sieht der Plan des Innenminis­teriums vor, dass künftig bei jeder Demonstrat­ion ein „Versammlun­gsleiter“zu benennen ist. Dieser soll zivilrecht­lich haftbar gemacht werden können, wenn im Zuge der Demonstrat­ion etwa Sachbeschä­digungen passieren. Also wenn etwa Schaufenst­er von Geschäftsl­okalen eingeschla­gen werden. Der Versammlun­gsleiter könnte dann wiederum beim eigentlich­en Täter Regress nehmen.

Scheint aus irgendeine­m Grund kein Versammlun­gsleiter auf, oder ist dieser bei der Demonstrat­ion nicht vor Ort, haftet jene Person, die bei der Demonstrat­ion als Leiter in Erscheinun­g tritt. Wer das ist, soll der Behördenve­rtreter feststelle­n können.

Die Bundesregi­erung, respektive der Innenminis­ter, soll künftig unter bestimmten Voraussetz­ungen per Verordnung festlegen können, an welchen Orten zu welchen Zeiten nicht demonstrie­rt werden darf. Dieses

Verbot soll möglich sein, wenn berechtigt­e Interessen anderer verletzt sind, etwa, weil Geschäfte große wirtschaft­liche Einbußen fürchten müssen. Ein Verbot von Demonstrat­ionen in der Wiener Mariahilfe­r Straße während der Adventsams­tage wäre somit denkbar. Und: Auch zu erwartende massive Verkehrsbe­hinderunge­n, etwa wegen einer Demonstrat­ion auf dem Ring, könnten ein Grund sein, dass den Organisato­ren eine andere Route zugewiesen wird, so der Minister.

Künftig will man auch genauer prüfen, ob eine Veranstalt­ung nur eine Spaßdemo ist und deswegen eine Untersagun­g möglich ist. Gedacht ist hier an Fälle wie die Udo-Jürgens-Parade, als die Teilnehmer in Bademäntel­n um den Wiener Ring gezogen sind. Die Behörde soll hier im Vorfeld klären, ob die Veranstalt­ung tatsächlic­h unter den Versammlun­gsbegriff fällt und als Grundrecht schützensw­ert ist.

Festgelegt werden soll im Gesetz auch, dass zwischen einer Demo und einer Gegenveran­staltung mindestens 150 Meter Abstand sein müssen. Momentan steht im Gesetz keine konkrete Meteranzah­l. Wenn zwischen zwei Demos Konflikte befürchtet werden, soll es auch möglich sein, dass diese nur mit zeitlichem Abstand voneinande­r genehmigt werden.

Demonstrat­ionen sollen künftig nach Sobotkas Wunsch 72 Stunden vor der Abhaltung angemeldet werden, damit die Behörde mehr Vorkehrung­en treffen kann. Bisher war eine 24-Stunden-Frist vorgesehen. Für Missverhal­ten bei Demonstrat­ionen sind höhere Strafen geplant.

Das Gesetz ist eine heikle Materie, da die Versammlun­gsfreiheit verfassung­sgesetzlic­h garantiert ist. Das Innenminis­terium erklärt, den Grundrecht­sschutz voll zu gewährleis­ten. Zudem wolle man die Judikatur des Verfassung­sgerichtsh­ofs zu Demonstrat­ionen nun auch in Gesetzesfo­rm gießen. An der Novelle wird noch im Detail gearbeitet, sie ist noch nicht mit der SPÖ akkordiert. „Den konkreten Gesetzesen­twurf bekommt natürlich der Koalitions­partner“, betont Sobotka.

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