Sobotka will Demos einschränken
Versammlungen. Demonstrationen sollen untersagt werden können, wenn etwa Geschäftsinteressen bedroht sind. Ein „Versammlungsleiter“könnte künftig für entstandene Schäden haftbar gemacht werden.
Wien. Wenn heute, Freitag, in Wien gegen den Akademikerball in der Wiener Hofburg demonstriert wird, ist die Polizei mit starker Präsenz vertreten. In den vergangenen Jahren war es bei den Protesten zu Gewaltdelikten gekommen. Aber auch Kundgebungen in Einkaufsstraßen, Spaßdemos oder Zusammenstöße von Pro- und Kontrademonstranten wurden in den vergangenen Monaten immer wieder kontroversiell diskutiert.
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) plant nun eine Novellierung des Versammlungsgesetzes, die auf diese Punkte stärker eingehen soll, wie er der „Presse“erklärt: „Wir garantieren das Recht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit, wollen aber nach mehreren negativen Erfahrungen mehr Rechtssicherheit und eine klarere Regelung “, sagt Sobotka. So sieht der Plan des Innenministeriums vor, dass künftig bei jeder Demonstration ein „Versammlungsleiter“zu benennen ist. Dieser soll zivilrechtlich haftbar gemacht werden können, wenn im Zuge der Demonstration etwa Sachbeschädigungen passieren. Also wenn etwa Schaufenster von Geschäftslokalen eingeschlagen werden. Der Versammlungsleiter könnte dann wiederum beim eigentlichen Täter Regress nehmen.
Scheint aus irgendeinem Grund kein Versammlungsleiter auf, oder ist dieser bei der Demonstration nicht vor Ort, haftet jene Person, die bei der Demonstration als Leiter in Erscheinung tritt. Wer das ist, soll der Behördenvertreter feststellen können.
Die Bundesregierung, respektive der Innenminister, soll künftig unter bestimmten Voraussetzungen per Verordnung festlegen können, an welchen Orten zu welchen Zeiten nicht demonstriert werden darf. Dieses
Verbot soll möglich sein, wenn berechtigte Interessen anderer verletzt sind, etwa, weil Geschäfte große wirtschaftliche Einbußen fürchten müssen. Ein Verbot von Demonstrationen in der Wiener Mariahilfer Straße während der Adventsamstage wäre somit denkbar. Und: Auch zu erwartende massive Verkehrsbehinderungen, etwa wegen einer Demonstration auf dem Ring, könnten ein Grund sein, dass den Organisatoren eine andere Route zugewiesen wird, so der Minister.
Künftig will man auch genauer prüfen, ob eine Veranstaltung nur eine Spaßdemo ist und deswegen eine Untersagung möglich ist. Gedacht ist hier an Fälle wie die Udo-Jürgens-Parade, als die Teilnehmer in Bademänteln um den Wiener Ring gezogen sind. Die Behörde soll hier im Vorfeld klären, ob die Veranstaltung tatsächlich unter den Versammlungsbegriff fällt und als Grundrecht schützenswert ist.
Festgelegt werden soll im Gesetz auch, dass zwischen einer Demo und einer Gegenveranstaltung mindestens 150 Meter Abstand sein müssen. Momentan steht im Gesetz keine konkrete Meteranzahl. Wenn zwischen zwei Demos Konflikte befürchtet werden, soll es auch möglich sein, dass diese nur mit zeitlichem Abstand voneinander genehmigt werden.
Demonstrationen sollen künftig nach Sobotkas Wunsch 72 Stunden vor der Abhaltung angemeldet werden, damit die Behörde mehr Vorkehrungen treffen kann. Bisher war eine 24-Stunden-Frist vorgesehen. Für Missverhalten bei Demonstrationen sind höhere Strafen geplant.
Das Gesetz ist eine heikle Materie, da die Versammlungsfreiheit verfassungsgesetzlich garantiert ist. Das Innenministerium erklärt, den Grundrechtsschutz voll zu gewährleisten. Zudem wolle man die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zu Demonstrationen nun auch in Gesetzesform gießen. An der Novelle wird noch im Detail gearbeitet, sie ist noch nicht mit der SPÖ akkordiert. „Den konkreten Gesetzesentwurf bekommt natürlich der Koalitionspartner“, betont Sobotka.