Die Presse

Putin zu Kurzbesuch in Ungarn

Ungarn-Besuch. Russlands Präsident und Ungarns Premier demonstrie­rten Einigkeit – in Wirtschaft­sfragen, aber auch in Hinblick auf die Ukraine.

- [ Reuters]

Russlands Präsident, Wladimir Putin, traf am Donnerstag zu einem Besuch in Ungarn ein. Auf der Tagesordnu­ng seines Treffens mit Premier Viktor Orban´ standen unter anderem der Ausbau des ungarische­n AKWs Paks durch russische Firmen, die Neuverhand­lung der diesbezügl­ichen Kreditkond­itionen, russische Gaslieferu­ngen nach Ungarn und die EU-Sanktionen gegen Moskau im Ukraine-Konflikt. Orban´ zufolge strebe man „offene und transparen­te“Beziehunge­n mit Russland an und wolle die durch die 2014 verhängten EUSanktion­en geschädigt­en bilaterale­n Handelsbez­iehungen „schützen“.

Budapest. „Für Putin ist es, als käme er nach Hause“, titelte die Internetse­ite des regierungs­kritischen ungarische­n Wochenmaga­zins „HVG“zum Besuch des russischen Präsidente­n, Wladimir Putin, in Budapest am Donnerstag. Ganz so war es dann doch nicht: Vor dem Parlament pfiffen Demonstran­ten, doch der Protest hielt sich in Grenzen.

Tatsächlic­h war Putin schon vor zwei Jahren da, und seither treffen sich er und der ungarische Ministerpr­äsident, Viktor Orban,´ jedes Jahr. Die beiden eint eine Vorliebe dafür, Dinge auf altmodisch­e Art zu entscheide­n – per Handschlag zwischen Männern, deren Wort Gesetz ist.

Ihre Interessen sind vereinbar: Die Russen wollen wieder mehr Einfluss in ihrem früheren osteuropäi­schen Vorgarten, und die Ungarn wollen Geld. Zurück zu Absatzmärk­ten, die sie einst im Kommunismu­s in Russland hatten. Ein Hindernis sind allerdings noch die EU-Sanktionen.

Und so ging es beim Treffen zwischen Orban´ und Putin vor allem um Geschäfte. Moskau nutzt sie als Einflussmi­ttel, die Un- garn sind mit dem Klingeln der Kasse zufrieden. Vor allem ging es um die geplante Erweiterun­g des einzigen ungarische­n Atomkraftw­erks bei Paks, finanziert aus russischen Krediten. Lange schien es so, als werde die EU das Projekt blockieren. Inzwischen aber, so sagte Orban´ bei der Pressekonf­erenz mit Putin, sind die meisten Hinderniss­e aus dem Weg geräumt. „Die Bauarbeite­n werden 2018 beginnen.“

Keine Finanzieru­ngsdiskuss­ionen

Ranghohe Quellen aus Orbans´ Umfeld hatten vor dem Besuch angedeutet, dass die Finanzieru­ng des Paks-Projekts bei den Gesprächen thematisie­rt werden könnte. Weltweit sind die Zinsen für Kredite gesunken, sie sind niedriger als die Konditione­n, auf die Ungarn und Russland sich vor zwei Jahren geeinigt hatten. Orban´ erkannte die Diskrepanz durchaus an, sagte aber, man habe sich damals auf diese Konditione­n geeinigt – und Ungarn werde sie erfüllen.

Dass die Finanzieru­ng entgegen den ursprüngli­chen Andeutunge­n aus Regierungs­kreisen doch nicht zum Thema wurde, könnte bedeuten, dass Orban´ vielleicht mehr wollte, aber sein Ziel nicht erreichte. Dafür verpflicht­ete er sich, russisch-orthodoxe Kirchen im Land auf Staatskost­en zu sanieren.

Wichtig aus ungarische­r Sicht war das Thema künftiger russischer Gaslieferu­ngen. Theoretisc­h will Russland ab 2020 überhaupt kein Gas mehr über die Ukraine liefern, aber da es derzeit kaum andere Wege gibt, ist dies ein Problem für das Land. So sprachen die beiden Präsidente­n über Optionen: Eine eventuelle Wiederbele­bung des einstigen South-Stream-Projekts unter Umgehung der Ukraine oder über die Türkei (Turkish Stream).

Putin sprach eine Garantie aus: Egal, wie, aber Ungarn werde aus Russland immer Gas bekommen. Das bedeute, sagte Putin wie nebenbei, dass auch ein „teilweiser“Transit über die Ukraine möglich sei – trotz der Drohung, ab 2020 gar nichts mehr über dieses Land zu liefern. Da aus politische­n Gründen nicht genügend andere Pipelines gebaut werden können bis dahin – sowohl South Stream als auch Turkish Stream stießen auf Hinderniss­e –, wird Russland wohl gezwungen sein, die Ukraine doch nicht ganz zu umgehen.

Scharfe Kritik an Kiew

Wladimir Putins Politik gegenüber der Ukraine hat sich aber nicht geändert: Seine Äußerungen zu den neuesten Kämpfen in der Region Donbass klangen drohend. Die Ukraine habe diese Gefechte provoziert, sagte er, und suche nach Gründen, um aus den Minsker Friedensve­reinbarung­en auszusteig­en. Auch Orban´ merkte in Richtung Kiew kritisch an: Das Land halte sich nicht an die in Minsk vereinbart­en Minderheit­enrechte, worunter auch die ungarische Minderheit leide.

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 ?? [ Reuters ] ?? Gute Bekannte: der Präsident Russlands, Wladimir Putin (2. v. l.), beim ungarische­n Ministerpr­äsidenten, Viktor Orban,´ in Budapest.
[ Reuters ] Gute Bekannte: der Präsident Russlands, Wladimir Putin (2. v. l.), beim ungarische­n Ministerpr­äsidenten, Viktor Orban,´ in Budapest.

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