Trump brüskiert Premier
Atomstreit. Der Ton zwischen Washington und Teheran hat sich nach US-Einreisebann und dem Start einer Mittelstreckenrakete schlagartig verschärft. Donald Trump will Atomdeal platzen lassen.
US-Präsident Trump hat ein Gespräch mit Australiens Premier, Turnbull, recht abrupt beendet.
Washington/Teheran. Sigmar Gabriel ist gerade erst eine Woche im Amt, und doch erhielt der deutsche Vizekanzler in seiner neuen Funktion als Außenminister in der Nacht auf Freitag schon die Gelegenheit für ein Treffen im State Department in Washington, auf die andere EUAmtskollegen Wochen, wenn nicht Monate warten. Es war zugleich das erste Gespräch Rex Tillersons, des soeben vom Senat bestätigten US-Außenministers, mit einem westlichen Chefdiplomaten – und die erstbeste Möglichkeit, einen Konflikt zu erörtern, den ihre beiden Vorgänger durch den Atompakt in Wien im Juli 2015 eingedämmt hatten: Die Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran steht neuerdings wieder ganz oben auf dem Radar der internationalen Diplomatie, und sie hat das Potenzial zur Eskalation.
Am Donnerstag hat Donald Trump via Twitter die Terminologie und den alarmierenden Ton übernommen, die Sicherheitsberater Michael Flynn tags zuvor mit seinem ersten offiziellen Auftritt im White House Briefing Room demonstrativ angeschlagen hatte. Washington habe Teheran wegen des Raketentests vom vergangenen Wochenende eine Warnung erteilt, sagte er mit Nachdruck – und ließ Raum für Interpretation. Flynns Stellungnahme hatte Nachhall.
Krieg im Nahen Osten
Alle Optionen, so erklärte der Hardliner und frühere Chef des Militärgeheimdiensts DIA, würden in Erwägung gezogen. Am wahrscheinlichsten sind wohl Wirtschaftssanktionen, um das Land zu schwächen, den Wiederaufbau zu torpedieren, der erst am Beginn steht, und die anlaufenden Geschäftskontakte mit dem Westen zu verkomplizieren.
Eine Militärintervention, ein Paukenschlag nach zweiwöchiger Amtszeit, sei indessen nicht ausgeschlossen, hieß es im Pentagon. In Interviews hatte Stephen Bannon, Trumps einflussreicher Chefstratege aus der rechten Ecke, bereits des Öfteren von einem Krieg im Nahen Osten fabuliert. Besonders im Visier ist der Iran, zumal Flynn als deklarierter Iran-Gegner gilt.
Die Islamische Republik nimmt im geostrategischen Denken führender Trump-Mitarbeiter einen zentralen Punkt ein. Im Wahlkampf hat Trump das Atomabkommen mit Teheran unter dem Applaus der Republikaner und Israels mehrfach als „schlechtesten Deal in der Geschichte“kritisiert. Flynn zerpflückte den Pakt nun im Weißen Haus mit Lust an der Sache. Der Sicherheitsberater sieht die Chance, den Nuklearpakt aufzuschnüren – und er wird mit Feuereifer von Benjamin Netanjahu darin bestärkt. Israels Premier, ein vehementer Kritiker des Iran-Deals, hat sich für den 15. Februar zu einer Visite in Washington angesagt. Eine Reaktion dürfe nicht ausbleiben, urgierte Netanjahu.
Wie eine Provokation
Der Iran unterminiere die Sicherheit, die Stabilität und den Wohlstand in der gesamten Region, so lautet unisono das Credo in Washington wie in Jerusalem. Flynn erinnerte daran, dass das MullahRegime Terrororganisationen wie die Hisbollah fördere und unterstütze und im Jemen Krieg gegen den Verbündeten Saudiarabien führe. Mit beinahe ebenso großer Verve nahm Flynn die Iran-Politik Obamas auseinander: Sie habe schlicht und einfach versagt.
Auf die Trump-Regierung muss der iranische Raketentest wie eine Provokation gewirkt haben, obwohl die Mittelstreckenrakete nach rund 1000 Kilometern explodiert sei. Solche ballistischen Tests seien vom UN-Sicherheitsrat gedeckt, sofern sie keine Atomsprengköpfe befördern könnten, heißt es zur Rechtfertigung in Teheran – was Washington freilich anzweifelt. Nikki Haley, die neue UN-Botschafterin der USA, hat den Sicherheitsrat in New York umgehend mit der Materie befasst. Die Raketen könnten auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden, was definitiv unter das Verbot falle.
Iran-Experten in Washington bewerten den Raketentest zugleich auch als ersten Test für die US-Regierung durch den Iran. Von Präsident Hassan Rohani über Außenminister Mohammad Javad Zarif abwärts haben sich Vertreter der Nomenklatura in Teheran auffällig höhnisch über die Trump-Regierung geäußert. Der US-Einreisebann für Iraner hat die Spannungen zuletzt schlagartig erhöht.