Neustart bei McDonald’s
Essen. Österreichs größte Burgerkette kann nicht mehr wachsen. Jetzt will sie mit einer radikalen Frischeoffensive Gäste gewinnen. Das erntet auch Skepsis. Und die Konkurrenz ist aktiver denn je.
Da Österreichs größte Fastfoodkette nicht mehr wächst, erfindet sich McDonald’s radikal neu.
Wien. „Kompromisslose Qualität und Frische“– wie eine Zauberformel wiederholt McDonald’s-Österreich-Chef Andreas Schmidlechner diese Worte. Der Zauber soll durch die 180-Grad-Wende gelingen, die seine Burgerkette vergangenen Mai vollführte. „Jeder Burger zu jeder Tages- und Nachtzeit frisch für Sie zubereitet“, formuliert er das Ziel.
Frisch zubereitete Burger? Das erschüttert den Kern dessen, womit der Franchisegeber aus Illinois, USA, ab den Fünfzigern seinen globalen Siegeszug antrat. Auch in Österreich wurde 40 Jahre das gleiche Bild gepflegt: Hinter der Kassa warten gestapelt die fertigen Burger auf die hungrige Laufkundschaft. „Eine Operation am offenen Herzen“sei es gewesen, sagt auch der Österreich-Chef. 9500 Mitarbeiter musste man umschulen, die Küchenprozesse umwerfen, Bestellsäulen einbauen und 30 Mio. Euro für den Umbau der 195 Restaurants in die Hand nehmen. Alles, damit die Zauberformel aus „kompromissloser Qualität und Frische“wirkt.
Lohnt das Warten?
Marktforscher Andreas Kreutzer ist skeptisch, ob die Strategie aufgeht: „Fakt ist, dass die Wartezeiten länger sind. Bei Burger King klappte der erste Anlauf in den Achtzigern deswegen nicht.“Burger-King-Geschäftsführer Hartmut Graf sieht das naturgemäß anders. Am Konzept hätten seine Läden beim Neustart 2000 nichts geändert. Nur das Image der Burger habe sich komplett gewandelt. Die wachsende Zahl hipper, kleiner Burgerläden scheint ihm recht zu geben. Graf: „Bei uns wird frisch gegrillt, die Kunden haben immer verstanden, dass sie warten müssen.“Dass McDonald’s das nun „nachmacht“, bereitet dem Branchenzweiten sichtlich Freude. Graf: „Dass stärker auf Qualität und Frische gesetzt wird, tut dem Ruf der Branche gut.“
Verfolgt man die Historie des Marktführers, scheint der Schritt zum Selberbau-Burger vorgezeichnet. Die heimische Fast-FoodTochter hatte immer einen feinen Nerv für die Wünsche der Österrei- cher. Die von der Konzernleitung eingeräumten Spielräume wurden stets ausgereizt. So machte man den Coffeeshop-Trend stärker mit als sonst ein Land. 90 Prozent der Restaurants haben heute ein McCafe´ integriert. Ebenso radikal ging man bei den Neueinführungen von Veggie-Burgern, Früh- stücksangeboten oder Büchern und Obst im Happy Meal vor. Und genauso deutlich grenzt man sich von der durchwachsenen Konzernreputation mit Bio- und Nachhaltigkeitskampagnen ab. „Wir sind McDonald’s Österreich – mit Betonung auf Österreich.“Deutlicher kann Schmidlechner nicht werden.
Die Zahlen geben ihm recht. Seine Österreich-Tochter konnte ihren Umsatz 2016 um zehn Mio. Euro auf 586 Mio. Euro steigern. In den USA kämpft McDonald’s währenddessen mit seinem schlechten Ruf, sinkenden Gästezahlen und Einnahmen. Und die weltweiten Erlöse fallen das zehnte Quartal in Folge, nachdem sich der Konzern in einem Selbstfindungstrip auf seine Franchisegeberrolle zurückbesinnt und viele Lokale an Partner abgibt. In Österreich ist das längst geschehen: Nur 16 der 195 Läden werden vom Unternehmen betrieben. Schmidlechner weiß um die Motivation der Franchisenehmer, wenn ihr privates Kapital im Geschäft steckt.
Die gläserne Decke
Österreichs Schnellrestaurants geht es generell gut. Mit einem Gesamtumsatz von 833 Mio. Euro konnten sie 2015 um rund fünf Prozent wachsen. Angetrieben wird der Boom aber nicht von Branchenführer McDonald’s, sondern von seinen kleineren Verfolgern. Burger King und Subway expandieren stark. Burger King hat von seiner Europazentrale ein deutliches Ziel gesteckt bekommen: Bis 2023 will sie statt 42 80 österreichische Läden sehen. Mindestens zehn werden 2017 eröffnet, Graf liegt im Plan.
Wenn Schmidlechner sagt: „Zu uns kommt de facto fast jeder, vom Bauarbeiter bis zum Generaldirektor“, spricht er zugleich das größte Problem des Branchenprimus an. Er ist überall in Österreich vertreten. Und auch wenn sein Chef Kapazitäten für rund 20 Restaurants ortet und die fortlaufenden Investitionen betont: Grundsätzlich ist die gläserne Decke erreicht. Will McDonald’s Kunden gewinnen, geht das anscheinend nur mehr über die Stellschraube Qualität.
Kreutzer sieht die Lösung woanders: Das Match um neue Kunden würde der für sich entscheiden, der bei den Zustellungen vorn liegt. Obwohl das Geschäft mit den Essenslieferungen floriert, agiert McDonald’s hier zaghaft. Seit zwei Jahren läuft der Testbetrieb mit Mjam in Wien. Eine Ausweitung ist noch nicht geplant. Burger King geht forscher vor: Graf will die Zustellung ab heuer von Wien aus bundesweit ausrollen. „Vor McDonald’s“, betont er. Das bereitet ihm sichtlich eine gewisse Freude.