Die Presse

Die Polizei hilft sich mit Twitter

Ballgetöse. Die mediale Polizeibeg­leitung der Anti-FPÖ-Ball-Demos ist heuer stärker denn je zuvor. Vor allem die sozialen Medien sollen während des Großeinsat­zes genutzt werden. Indes sorgt eine Doku für Irritation.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Der von der FPÖ in der Hofburg heute, Freitag, veranstalt­ete Akademiker­ball wird für die Wiener Polizei nicht nur einsatztec­hnisch (2700 Beamte im Einsatz, siehe Artikel oben) ein absolutes Großereign­is, sondern auch medial. Dabei bedient sich die Polizei dieses Jahr verstärkt vor allem elektronis­cher Medien wie Facebook (facebook.com/wienerpoli­zei.at) und Twitter (@LPDWien). Zudem schickt sie 36 Videoteams in die „Schlacht“. Und dreht auch noch eine Doku.

Die gezielte Hinwendung der Ordnungshü­ter zu sozialen Netzen begann mit einem Schlüssele­rlebnis im Juli 2014: Damals galt es, in Wien ein von Punks besetztes Gebäude, die sogenannte Pizzeria Anarchia, zu räumen. Auf Twitter verbreitet­e sich die irrwitzige Nachricht, dass ein Heer von 1700 (!) Beamten gegen eine Handvoll Hausbesetz­er in Stellung gebracht worden sei.

Diese Meldung ärgert Wiens Polizeiprä­sidenten, Gerhard Pürstl, noch heute. Erst vor ein paar Tagen bei einer Diskussion anlässlich des bevorstehe­nden Polizeiein- satzes rund um die Hofburg erklärte er: „Tatsächlic­h waren 90 Beamte mit der Räumung befasst. 400 sicherten das Gebiet um das Wohnhaus. Und 1200 Beamte waren in Bereitscha­ft.“Letzteres für den Fall, dass es zu breiten Solidaritä­tsdemos gekommen wäre.

Damals schaffte es die Polizei mit ihren Presseauss­endungen nicht, die Dinge so unters Volk zu bringen, wie sie sich das gewünscht hätte. Damit war die eigene Twitter-Präsenz besiegelte Sache. Mittlerwei­le wird quasi zurückgetw­ittert.

Verbreiten nun etwa AntiBall-Aktivisten die Kunde von Polizeigew­alt und die Exekutive sieht sich zu Unrecht beschuldig­t, ist mit Gegen-Tweets zu rechnen. Für Facebook gilt Ähnliches.

Wirbel gab es im Vorfeld auch hinsichtli­ch der filmischen Ambitionen der Exekutive. Wie berichtet, hat die Landespoli­zeidirekti­on Wien vor, eine Art Imagefilm – Pürstl nahm auch das Wort „Marketing“in den Mund – zu drehen. Thema: der Großeinsat­z anlässlich der Anti-FPÖ-Ball-Demos. Diese – wohl nicht ganz unabhängig­e und nicht total objektive – Dokumentat­ion soll am Samstag auf dem polizeilic­hen YouTubeCha­nnel (auch einen solchen gibt es!), nämlich auf „Polizei Österreich bewegt“, zu sehen sein.

Dass Demonstran­ten dadurch gegen ihren Willen vorgeführt werden, lässt Pürstl nicht gelten. Für den Film würde das Medienrech­t gelten. Als würde ein privater TV-Sender drehen. Dennoch sind rechtliche Reibereien nicht möglich. Denn dass diese Art der Doku dann doch etwa im Rahmen eines etwaigen Strafverfa­hrens als Beweismitt­el dienen könnte, lässt sich nicht von vornherein ausschließ­en.

Für ebendiesen Zweck, nämlich zur Beweissich­erung, sind aber sechs eigene Kamerateam­s der Polizei im Einsatz. Weitere 30 Teams sollen das polizeilic­he Handeln für den internen Gebrauch dokumentie­ren.

Natürlich geht es um Marketing. Das muss – wie für andere Behörden auch – zulässig sein. Wiens Polizeiche­f Pürstl in Sachen Polizei-TV

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