Amerikanerin entfacht Japan-Hass in China
Geschichte. Ein japanischer Hotelunternehmer leugnet in seinen Geschichtsbüchern die Rolle Japans beim Massaker von Nanjing 1937. Eine US-Bürgerin machte in einem Video darauf aufmerksam – und löste eine Boykott-Welle aus.
Peking/Tokio/Wien. Es sind ungewöhnliche Bilder, die sich zwischen Fotos von leeren Minibars und Gästen in Morgenmänteln auf der Facebook-Seite der japanischen Hotelkette APA finden: etwa vom Einzug japanischer Truppen in der chinesischen Stadt Nanjing 1937, von Soldaten in Siegespose über ihren Opfern thronend oder von Bergen verstümmelter Leichen.
Die „japanischen Teufel“sollten sich auf Knien entschuldigen, heißt es da. Oder: Meinungsfreiheit sei keine Ausrede für Böses.
Auch auf Chinas Social-MediaPlattformen Wechat und Weibo reagierten empörte Nutzer auf den Affront. Die Nachrichtenagentur Xinhua nannte den Vorfall „die Spitze des Eisbergs der Bestrebungen der japanischen Ultrarechten, die Geschichte zu revidieren.“
Grund für den Ärger ist Toshio Motoya, Gründer der APA-Hotels, und sein jüngstes Buch, „Die wah- re Geschichte Japans“, das in jedem Zimmer seiner 370 Hotels im Land deponiert ist. Darin leugnet er die Rolle Japans beim Massaker von Nanjing: Kaiserliche Truppen massakrierten während ihrer sechswöchigen Besatzung von Chinas damaliger Hauptstadt Ende 1937 mindestens 200.000 Chinesen. Diese Taten seien Japanern zugeschrieben worden, schreibt Motoya, „aber das ist nicht wahr“.
Seit Langem nutzt der Immobilienmagnat seine Hotels als Plattform für geschichtsrevisionistische Ideen: Gemeinsam mit seiner Frau, die mit ihren extravaganten Hüten das Aushängeschild der APA-Gruppe ist, ist der 73-Jährige ein prominenter Vertreter des unter japanischen Eliten populären Nationalismus. In großem Stil finanziert das Ehepaar Politiker mit rechtsnationalen Ideen. Vielen Chinesen erschwert die Gewaltorgie von Nanjing eine Aussöhnung mit dem Nachbarstaat. Sie ist ein Symbol für die Verbrechen Japans in seinem 15-jährigen Eroberungskrieg. Zumal prominente Japaner immer wieder öffentlich die Höhe der Opferzahlen – Peking spricht von 300.000 Toten – anzweifeln oder die Gräuel völlig abstreiten.
Umdenken durch Winterspiele
So folgte Chinas Fremdenverkehrsamt dem Online-BoykottAufruf prompt: Reiseanbieter sollten die Kooperation mit APA stoppen, Individualreisende die Hotels meiden. Chinas Touristen sind ein wichtiger Faktor für Japans schwächelnde Wirtschaft: Im Verlangen nach frischer Luft und gutem Essen lassen immer mehr Chinesen die Querelen beiseite – 2016 waren es knapp 6,4 Millionen. Sie sind die größte und kauffreudigste Touristengruppe in Japan. Motoya ließ die Boykott-Ansage zunächst jedoch kalt: Die Leute vom Nachbar- land machten nur einen Bruchteil seiner Gäste in Japan aus, der Streit werde keine Auswirkungen auf das Geschäft haben, meinte er.
Hellhörig wurde der Unternehmer erst, als sich das Asiatische Olympische Komitee einmischte: Chinesische Athleten sollten während der Asiatischen Winterspiele in einem APA-Hotel in der Millionenstadt Sapporo untergebracht werden. Sie übernachten nun zwar in einer anderen Unterkunft, auf Druck Pekings zwang der Veranstalter das Hotel jedoch dazu, die Bücher während des Wettbewerbs zu entfernen.
Ausgelöst hatte die Furore ausgerechnet das Video einer USAmerikanerin, das sich rasch im Internet verbreitet hatte. Einmal seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten galt der Zorn chinesischer Nationalisten also nicht dem Rivalen in Übersee. Im Gegenteil: Sie bedankten sich. (maka)