Fröstelnd der Sonne entgegen
Fahrbericht. Es wird wieder ein Sommer kommen, der den Passagieren auf dem Sonnendeck des Range Rover Evoque Cabrio die noble Blässe austreiben wird. Billig sind die Plätze nicht.
Das erste SUV-Cabrio war nur eine Frage der Zeit. Stelzencoupes´ gibt es schon, warum also die offene Spielart auslassen?
Es gibt sie bereits. Das bestverkaufte Cabrio in den USA ist, und zwar seit ewigen Zeiten – der Jeep Wrangler. Man mag streiten, ob der Offroader dem klassischen Cabrio entspricht, doch sind einmal Softtop und sämtliche Planen entfernt (wofür fünf bis zehn Minuten einzuplanen wären), dann sitzt man unbestreitbar im Freien (relativ, weil es wie rollender Gerüstbau aussieht). Schon der Ur-Jeep von Willys hatte kein Dach, weil Militärfahrzeuge für den Transport stapelbar sein mussten. Der Titel des ersten offenen SUVs oder Geländewagens ist also längst vergeben.
Das Evoque-Cabrio ist trotzdem ein Pionier – als stilistisch unzweifelhafter Vertreter der offenen Gattung. Das Stoffdach verschwindet elektrisch und rückstandsfrei unter einer Klappe, der Mechanismus lässt sich bis zu einem Tempo von gut 50 km/h aktivieren.
Kein Whirlpool
Nicht einmal ein kleiner Überrollbügel stört dann auf dem Sonnendeck. Trotz der zwangsläufig hohen Schulterlinie sieht das Ganze nicht aus wie ein Whirlpool auf Rädern. Die Windschutzscheibe ist etwas flacher gestellt als beim geschlossenen Evoque, aber auch nicht so flach, dass sie einem über das Haupt ragt und somit OpenAir-Feeling raubt. Sogar die Heckpartie ist ahnsehnlich geraten: oben Verdeckkasten, unten Unter- fahrschutz für den Offroad-Appeal – die zwei Welten des EvoqueCabrios. Der Kofferraumdeckel dazwischen gibt zwar nur eine Art Paketfach frei, aber als Platzwunder hat sich der Evoque ohnehin nie einen Namen gemacht.
Wer das alles aber brauchen soll? Gute und gleichzeitig falsche Frage. Cabrios hat noch nie ein Mensch gebraucht, und genau dafür wird die Gattung geschätzt. Erst recht dieser Tage, da Cabrios im Bestand gefährdet sind. Diverse Lifestyle-Allüren werden heute lieber mit einem robusten SUV ausgelebt, und vor allem hat man in China absolut keine Lust, mehr als unbedingt notwendig im Freien zu sitzen. Verständlich.
Ebenso verständlich, dass die Hersteller auf der Bremse stehen – die klassischen Cabrios sind nur für homöopathische Stückzahlen gut. Ausgerechnet das SUV könnte sich nun als Retter der offenen Gattung aufschwingen. Sollte der luftige Evoque nicht als Totalflop enden, so wird die Antwort anderer Hersteller nicht lang auf sich warten lassen.
Im Fahrbetrieb gibt sich der Range Rover keine Blöße. Da knarrt und verwindet sich nix, so bocksteif ist die Karosserie. Das rührt vornehmlich daher, dass der allradgetriebene Rangey bei Bedarf auch im Gelände groß auffahren will, der Name verpflichtet schließlich. Auch auf dem Steilhang, mit zwei Rädern in der Luft und mit der Schnauze an der Schlammpassage schnuppernd, muss die Dachkinematik noch einwandfrei funktionieren. Die dafür notwendigen Verstärkungen an der Karosserie schlagen sich denn auch im Gewicht nieder, das schon bei den zwei Tonnen anklopft – schon etwas vermessen für ein Auto, das weniger Platz als ein Golf hat. Deswegen kann man die schwächere der Dieselvarianten vernachlässigen: Erst mit 180 PS ist man auf der sicheren Seite, bis auf eine leichte Anfahrschwäche fährt sich der Evoque damit spritzig, auch ein Verdienst der formidablen Neungangautomatik. Oder noch besser: Gleich den Diesel vergessen, es ist ein ordentlicher Benziner im Sortiment. Sparsam – oder in irgendeiner Form günstig – ist der offene Evoque so oder so nicht.