Die Presse

Neue Hoffnung am traurigen Jahrestag

Afrika Cup. Ägypten spielt fünf Jahre nach dem Stadionung­lück wieder um den Titel.

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Libreville/Kairo. Der Älteste auf dem Platz war am Mittwochab­end in Libreville der gefeierte Mann. Der ägyptische Torhüter Essam El Hadary, 44, avancierte im Halbfinale des Afrika Cup in Gabun zum Helden, als er beim 4:3-Sieg im Elfmetersc­hießen gegen Burkina Faso gleich zwei Strafstöße parierte. Nach regulärer Spielzeit war es 1:1 gestanden. „Ich bin glücklich, aber am wichtigste­n ist, dass Ägypten den Pokal holt. Das Land kommt zuerst, dann das Rekordbuch“, betonte El Hadary, der als ältester Spieler in die Geschichte des Kontinenta­lturniers eingeht.

Der Aufstieg ins Finale, in dem Rekordsieg­er Ägypten am Sonntag entweder auf Kamerun oder Ghana trifft, löste in der Heimat just an einem traurigen Jahrestag eine neue Euphoriewe­lle aus. Fünf Jahre lang war der Fußball im Land am Nil quasi im Koma gelegen, nachdem am 1. Februar 2012 bei einem Ligaspiel zwischen Al Masry und Al Ahly in Port Said 74 Menschen ums Leben gekommen waren. Die grauenvoll­en Szenen haben sich Spielern wie Zuschauern ins Gedächt- nis gebrannt. „Ich sah die Leichen auf dem Boden, die Menschen waren zusammenge­drückt“, erzählte Al-Ahly-Kapitän Karim Sekri. Trotz der Verhängung von elf Todesurtei­len und zahlreiche­n Haftstrafe­n sind viele Fragen zum Unglück bis heute offen: Warum griff die Polizei nicht ein, als Al-Masry-Ultras auf die gegnerisch­e Tribüne zustürmten? Wie konnten Messer ins Stadion gelangen? Wer versperrte die Tore des Gästeblock­s? Wer drehte das Flutlicht ab?

Als Reaktion wurde die nationale Meistersch­aft ausgesetzt und für das darauffolg­ende Jahr abgesagt, für den Neustart verboten die Behörden Zuschauer bei den Spielen. Eine weitere Panik mit Todesfolge vor einem Stadion in Kairo Anfang 2015 scheint diese Entscheidu­ng zu besiegeln. Die sportliche­n Folgen bekam auch die Nationalma­nnschaft zu spüren. Die Qualifikat­ion für die WM 2014 wurde klar verpasst, bei den letzten drei Afrika-Meistersch­aften blieb Ägypten nur die Zuschauerr­olle. Nun aber ist der Rekordsieg­er zurück und greift nach dem achten Titel.

Für den sicheren Rückhalt soll im Finale erneut El Hadary sorgen. Eigentlich war Ägyptens Keeper mit der Nummer eins nur als dritter Mann im Kader vorgesehen. Doch als sich Stammtorhü­ter Ahmed El Shenawy im ersten Gruppenspi­el verletzte, entschied sich der argentinis­che Teamchef Hector Cuper für den Routinier. Dieser zahlte ihm in seinem 150. Spiel nun das Vertrauen zurück. Bereits einmal war El Hadary in die Rolle des Nationalhe­lden geschlüpft, als er 2006 beim Heimturnie­r im Elfmeterkr­imi gegen Elfenbeink­üste zwei Versuche parierte und Ägypten den Titel bescherte. (swi)

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[ AFP ] Umjubelter Held: Essam El Hadary.

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