Wenn Staatsgeld in die falschen Kanäle fließt
Staatsausgaben. Es stimmt, Österreich braucht mehr öffentliche Investitionen. Der Spielraum dafür ist aber durch eine Ausgabenreform zu schaffen. Denn die Staatsausgabenquote insgesamt hat schon ein abenteuerliches Niveau erreicht.
Als OECD-Generalsekretär Jose Angel Gurria im vorigen November Bundeskanzler Christian Kern besuchte, hatte er eine klare Ansage im Gepäck: Österreich solle seine öffentlichen Investitionen ausweiten und damit einen Wachstumsimpuls setzen.
Gurria goss damit kräftig Wasser auf die Mühlen linker AustroÖkonomen, die seit Längerem verlangen, die Republik möge ihren „Austeritätskurs“aufgeben und ungeachtet aller Staatsschuldenprobleme endlich wieder ordentlich auf Pump investieren.
Aber er hatte in der Sache natürlich recht: Österreich lässt in Sachen zukunftsgerichteter Investitionen aus. Die öffentlichen Investitionen liegen mit rund sechs Prozent der Staatsausgaben recht deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 8,1 Prozent.
Nur ein Beispiel: Glasfasernetze gelten als Rückgrat der digitalen Infrastruktur. Wer da zurückbleibt, gefährdet seine wirtschaftliche Zukunft. Während Regierungspapiere neuerdings vollmundig von der anzustrebenden Weltmeisterposition beim kommenden 5G-Mobilfunkstandard schwafeln, besteht in der Realität aber nur ein sehr kleiner Teil des heimischen Breitbandnetzes aus Glasfaserverbindungen. Der OECD-Schnitt liegt sehr weit darüber. Bei den Glasfaser-Haushaltsanschlüssen kommen wir mangels Durchdringung in der europäischen Statistik gar nicht vor. Da spielen wir in einer Liga mit Slowenien, Kroatien und Griechenland. Allein hier böte sich schon eine Milliarden-Aufholoffensive an.
Wer jetzt auf die Grafik rechts oben blickt, sieht Seltsames: Die Staatsausgaben der Republik liegen mit zuletzt fast 51 Prozent des BIPs nämlich extrem hoch. Dramatisch höher jedenfalls als jene Deutschlands. Und wesentlich höher als der Schnitt der Eurozone. Selbst der schwedische Staat gibt in Relation zum BIP weniger aus.
Ganz nebenbei: „Bei fünfzig Prozent Staatsquote beginnt der Sozialismus“, hat der frühere deut- sche Bundeskanzler Helmut Kohl einmal festgestellt. Demnach wäre Österreich seit 2008 ein sozialistisches Land. Insgesamt liegen acht EU-Länder über dieser 50-Prozent-Marke. Und es sind nicht die mit den höchsten Wachstumsraten in den vergangenen Jahren.
Jedenfalls aber zeigen die Zahlen: Der Staat gibt im Europavergleich überdurchschnittlich viel aus. Und er verwendet einen weit unterdurchschnittlichen Teil dieser Ausgaben für zukunftsgerichtete Investitionen.
Was wir hier sehen, ist die in die traurige Realität heruntergebrochene Aussage des Finanzministers, dass dieses Land ein sehr ernstes Ausgabenproblem hat.
Ganz offenbar steht ein sehr großer Teil der im internationalen Vergleich viel zu hohen Staatsausgaben für Investitionen nicht zur Verfügung. Sondern versickert in ineffizienten und intransparenten Strukturen, die dringend auf Vordermann gebracht werden sollten.
Wir kennen sie alle: aus den Rudern gelaufener Föderalismus, überzogenes Sozialsystem, ineffizientes Gesundheitssystem, unge- löstes Pensionsproblem, ausufernde Bürokratie und so weiter. Wir wissen auch, dass sich das nicht einfach beheben lässt, weil die entstandenen Blockadestrukturen jeden strukturellen Reformversuch sofort kippen.
Aber wir sehen auch, wo der Spielraum für die zweifellos notwendige Steigerung der Investitionen (speziell in solche wie die digitale Infrastruktur) zu finden ist: in einer Effizienzsteigerung bei den Staatsausgaben. Da werden viele Milliarden unproduktiv verblasen statt sie in Produktivinvestitionen zu stecken.
Andersherum: Wenn die Regierung die Ausgabenstruktur des Staates in Ordnung brächte, könnte der Staat ordentlich investieren, ohne seine abenteuerliche Schuldenquote noch zu erhöhen.
Die Investitionsschwäche liegt also nicht an zurückhaltender Schuldenaufnahme, und schon gar nicht an der vermeintlichen Austerität, die die Industrieländer angeblich zum Schaden ihrer Wirtschaft nach Ausbruch der Finanzkrise praktiziert haben.
Dieses immer wieder behauptete „Kaputtsparen“ist nämlich ein reines Märchen, wie man nebenstehender Grafik auch schön entnehmen kann: Alle Länder, auch Deutschland und die USA (und übrigens auch die Schweiz), haben ihre Staatsausgabenquoten zum Ausbruch der Krise deutlich angehoben.
Dass diese in den letzten Jahren wieder leicht gesunken sind, hat in Europa ausschließlich mit der Nullzinspolitik und den damit verbundenen verminderten Zinszahlungen zu tun. Eine Ausnahme sind hier die USA, die ihre Staatsquote nach Ausbruch der Krise sehr stark hochgefahren haben, dann aber schnell wieder auf die Bremse gestiegen sind. Ohne dass das ihr Wirtschaftswachstum entscheidend gebremst hätte, übrigens.
Aber: In allen Ländern liegen die Staatsquoten noch immer über dem Vorkrisenniveau. Von Sparen also keine Spur.
Dass es einigen besser geht und anderen weniger, liegt wohl hauptsächlich an der jeweiligen Ausgabenstruktur. Also daran, ob das ausgegebene Geld an der richtigen Stelle ankommt. Sonst wäre ja auch schwer zu erklären, wieso ausgerechnet jene Länder, die ihre Budgets in Ordnung haben und niedrige Staatsausgabenquoten aufweisen (etwa Deutschland und die Schweiz) in den vergangenen Jahren wirtschaftlich erfolgreich waren. Und nicht die mit den höchsten Staatsausgaben.