Die Presse

RH: Kosten bei Brenner-Tunnel stiegen überpropor­tional an

Bericht. Die erwarteten Baukosten erhöhten sich dreimal stärker als der Baupreisin­dex.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Dass bei öffentlich­en Bauwerken die Kosten bei der erstmalige­n Planung immer unterschät­zt werden, ist bekannt. Wie deutlich die Summen in der Folge – also nach der Entscheidu­ng für den Bau – ansteigen können, zeigt der Rechnungsh­of-Bericht über den Brenner-Basistunne­l, der am Donnerstag veröffentl­icht wurde.

Demnach legten die prognostiz­ierten Gesamtkost­en für den Tunnel zwischen 2002 und 2013 von einst 4,5 Mrd. auf 8,66 Mrd. Euro zu. Eine Steigerung um rund 92 Prozent, die vom Rechnungsh­of als „hoch“qualifizie­rt wird. Denn einerseits legte der von der Statistik Austria erhobene Baupreisin­dex im gleichen Zeitraum lediglich um 31 Prozent zu. Anderersei­ts wurden beim Brenner-Projekt auch „umfangreic­he Leistungsr­eduktionen“vorgenomme­n, um Einsparung­en zu erzielen. Würde der Tunnel also so gebaut, wie er ursprüngli­ch geplant war, dann wäre die Kostenexpl­osion noch wesentlich höher.

EU: Noch keine fixe Zusage

Da sich Österreich die Baukosten jedoch mit Italien teilt und auch die EU ordentlich bezuschuss­t, fällt die Nachricht des Rechnungsh­ofs für die heimischen Steuerzahl­er nicht ganz so schmerzhaf­t aus. Schlussend­lich soll der Tunnel die Österreich­er „nur“etwa 3,6 Mrd. Euro kosten. Hinzu kommen jedoch noch 1,9 Mrd. Euro für die nördlichen Zulaufstre­cken (jene im Süden übernimmt dafür zur Gänze Italien). Außerdem gibt es noch eine Reihe von Unsicherhe­itsfaktore­n. So hat die EU bisher noch keine fixe Zusage für die Kofinanzie­rung nach 2020 gegeben. Fällt diese aus, müssten Österreich und Italien diesen Ausfall von knapp 760 Mio. Euro übernehmen.

Dafür dürften diese Kosten nun wirklich das Ende der Fahnenstan­ge bedeuten. Der Bau könnte im Gegenteil sogar etwas billiger werden als jetzt erwartet, so der Rechnungsh­of. Grund für diese optimistis­che Annahme sind die bisher bereits fertiggest­ellten ersten zwölf Baulose. Bei diesen wurden die Auftragssu­mmen durch plötzlich notwendig gewordene Zusatzauft­räge zwar um fast 20 Prozent überschrit­ten. Man lag damit jedoch immer noch um ebenfalls 20 Prozent unter den für diesen Teil prognostiz­ierten Gesamtkost­en. Die Risikopuff­er scheinen also ausreichen­d zu sein.

Interessan­tes Detail: Die Prüfung des Rechnungsh­ofs hat auch zu Effizienzs­teigerunge­n in Rom geführt. Während hierzuland­e die Zuschüsse der EU direkt an die Brenner-Tunnel-Gesellscha­ft flossen, wurden sie in Italien erst über zwei Ministerie­n geleitet. Dies brachte laut Bericht Verluste von 150.000 Euro. Aufgrund der Kritik des Rechnungsh­ofs stellte Rom dies nun ebenfalls auf direkte Zahlungen um.

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