Das Konzerthaus feiert ohne die Festwochen
Musikfest. 2017 kommt es zur Trennung des Festivals von jenem „Musikfest“, aus dem es einst herausgewachsen ist. Im Zentrum des Programms steht eine große Boulez-Personale.
An die große Tradition der „Musikfeste“, die Egon Seefehlner einst im Wiener Konzerthaus veranstaltete, knüpft das Haus heuer wieder an. Dass aus dem „Musikfest“die Wiener Festwochen gewachsen sind, soll in diesem Zusammenhang bemerkt werden, denn in der jüngeren Vergangenheit fungierten die „Musikfeste“, abwechselnd von Konzerthaus und Musikverein veranstaltet, als eine Art musikalisches Rahmenprogramm der Festwochen – und fanden sich zuletzt immer weniger „geliebt“von den Festwochen-Intendanten.
2017 kommt es – man ist geneigt zu sagen: konsequenterweise – zu einer Abspaltung. Musikfest und Festwochen gehen getrennte Wege. Nun fehlen etwa 200.000 Euro, um die Monate Mai und Juni im ohnehin reichen Wiener Konzertleben „noch besonderer“zu machen. Von „Frustration“spricht Musikvereins-Chef Thomas Angyan in diesem Zusammenhang – er plant bereits das „Musikfest 2018“. Und KonzerthausChef Matthias Naske sagte: „Ich habe keine Freude damit.“Dennoch zeigt er sich zuversichtlich: „Wir strudeln ganz schön, aber es geht interessanterweise.“
Naske kann mit dem diesjährigen Musikfest sogar an die Pioniertaten seines Vorvorgängers Seefehlner erinnern, der Ende der Fünfzigerjahre die führenden Komponisten der Zeit nach Wien holte. Darunter auch junge „Revoluzzer“wie Pierre Boulez, der 1957 eines seiner radikalsten Werke vorstellte: „Le marteau sans maˆıtre“.
Die Ikone der Neuen Musik
Diese Ikone der musikalischen Avantgarde wird (am 13. Juni) auch im Rahmen der großen Boulez-Personale zu hören sein, die dem Musikfest 2017 seinen besonderen Stellenwert verleihen wird.
Dieses Programm ist nicht nur im Hinblick auf die Abspaltung von den Festwochen ein Coup. Für den Auftakt der Würdigung des Konzerthaus-Ehrenmitglieds Boulez sorgen die Wiener Philharmoniker und Daniel Barenboim, die am 14. Mai eine Auswahl aus Friedrich Smetanas „Vaterland“mit Boulez’ „Notations“kombinieren.
Pierre-Laurent Aimard und Tamara Stefanovich stellen am 29. Mai das gesamte Klavierwerk des Komponisten vor. Es folgen in der Boulez-Personale Konzerte mit Solisten wie Emmanuel Pahud, dem Klangforum und dem RSO Wien – fast alle Werke des Komponisten werden im Zuge dieser einzigartigen Retrospektive zu erleben sein!
Im Übrigen bietet die Konzerthausgesellschaft in ihrem „Musikfest“Konzerte mit klassisch-romantischem Repertoire musiziert von Gastorchestern wie Swedish Radio Symphony (Daniel Harding) und so unterschiedlichen Solisten wie Anja Harteros und Gerald Finley, Maxim Vengerov, Mandolinen-Virtuose Avi Avital oder dem Pianisten Marc-Andre´ Hamelin und Rudolf Buchbinder. Jordi Savall bereichert die Repertoirepalette um Historisches aus Armenien. Wiens Symphoniker und Philharmoniker sind mit diversen Programmen präsent, eines der „Philharmonischen“dirigiert Christian Thielemann (er koppelt am 9. Juni Brahms mit dem Flötenkonzert von Jörg Widman - Solist: Dieter Flury).
Im Zyklus „Wort & Film“gibt es eine Begegnung mit Eisensteins „Iwan der Schreckliche“mit Prokofieffs Musik. Und Studierende der Wiener Musikuniversität feiern den 200. Geburtstag ihres Instituts – unter anderem in der Formation als Webern-Symphonieorchester unter Franz Welser-Möst. (sin)