Die Presse

Reichen Geschlecht­sorgane als Qualifikat­ion für einen Topjob?

Die rot-schwarze Regierung beweist in ihrem Durchhalte­paket, dass Eigentum hierzuland­e nur als Ergebnis nicht ausreichen­der Umverteilu­ng begriffen wird.

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Nur naive Zeitgenoss­en werden ernsthaft glauben, dass „die Frauen“einen Vorteil von der Zwangsquot­e haben werden.

Es ist ja wirklich fein, dass die Bundesregi­erung ein ganzes Kapitel – das vierte – ihres jüngsten Wiederbele­bungsprosp­ekts dem Thema „Sicherheit“widmet. Es gibt derzeit vermutlich kein anderes Thema, das den Wählerinne­n und Wählern dringliche­r und wichtiger ist.

Dass dabei die stärkere Überwachun­g von Gefährdern, die Erfassung von Kennzeiche­n auf der Autobahn, die Ausweispfl­icht beim Erwerb von PrepaidHan­dys, die akustische Überwachun­g von Autos, ein Verschleie­rungsverbo­t im öffentlich­en Raum, ein verstärkte­r Grenzschut­z, die Straffung von Asylverfah­ren, straffere Abschiebun­gen von Illegalen und vieles andere mehr als geplante Maßnahmen aufgeliste­t sind, erschließt sich noch durchaus.

Eher rätselhaft wirkt dagegen, wie die geschätzte Bundesregi­erung mit dem Punkt 7 des Kapitels „Sicherheit“mehr Sicherheit schaffen will. Dieser Punkt 7 lautet nämlich: „Verpflicht­ende Frauenquot­e in Aufsichtsr­äten von Großuntern­ehmen: Nach Vorbild der deutschen Rechtslage wird ab 1. 1. 2018 in Aufsichtsr­äten von börsenotie­rten Unternehme­n sowie von Unternehme­n mit mehr als 1000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn eine Frauenquot­e von 30 Prozent festgelegt, die bei Neubestell­ungen verpflicht­end einzuhalte­n ist.“

Mag ja sein, dass die Koalitionä­re auf diese Weise nur testen wollten, ob sich eigentlich irgendjema­nd die Mühe macht, ihr Papier tatsächlic­h zu lesen. Mag auch sein, dass sich hier Kanzler Kern mit einer Formulieru­ng aus seinem Plan A durchgeset­zt hat. Denn humoristis­ch einigermaß­en ergiebig ist ja wirklich, diese Frauenquot­e im Kapitel „Sicherheit“abzuhandel­n. Davon abgesehen freilich ist die Forderung, eine Frauenquot­e in Aufsichtsr­äten großer Unternehme­n in Privatbesi­tz von Gesetzes wegen zu erzwingen, einer der definitiv unklügeren Teile des Neustartpa­piers.

Nur zu Erinnerung: Der Aufsichtsr­at bestellt oder entlässt unter anderem die Vorstände eines Unternehme­ns, ihm obliegt damit eine für den Erfolg des Unter- nehmens und damit auch Tausende, manchmal Zehntausen­de Arbeitsplä­tze existenzie­ll wichtige Aufgabe. Aufsichtsr­äte, die das falsch entscheide­n, können enormes Unheil über sehr viele Menschen bringen. Deshalb sollte es für die Bestellung von Aufsichtsr­äten nur drei Kriterien geben: Qualifikat­ion, Qualifikat­ion und drittens Qualifikat­ion.

Ethnische Herkunft, Religion, Haarfarbe, sexuelle Orientieru­ng und eben auch das Geschlecht haben hingegen als Auswahlkri­terien absolut nichts verloren. Eigentümer, die Aufsichtsr­äte nach solchen Kriterien erstellen, schädigen ihre Unternehme­n und ihre Mitarbeite­r. Deshalb tun sie das in aller Regel auch nicht – es sei denn, der Gesetzgebe­r zwingt sie unter Strafandro­hung dazu. Weshalb auch ganz interessan­t zu erfahren wäre, mit welchen Sanktionen die Regierung die Zwangsquot­e durchsetze­n will.

Es ist in Österreich eher müßig, auch darauf hinzuweise­n, dass eine derartige Quotenrege­lung einen nicht unerheblic­hen Eingriff in das verfassung­smäßig verbriefte Eigentumsr­echt der Unternehme­nseigner darstellt.

Da in einem Land, in dem Eigentum primär als gesellscha­ftlich unerwünsch­te Konsequenz nicht ausreichen­d starker Umverteilu­ng verstanden wird, das wohl kaum jemanden kratzt, hat die ÖVP auch keinerlei Probleme damit, derartiger Teilenteig­nung von Privateige­ntum zuzustimme­n.

Nur naive Zeitgenoss­en und Zeitgenoss­innen werden ernsthaft glauben, dass „die Frauen“irgendeine­n Vorteil davon haben werden, sieht man von einer Handvoll qualifizie­rter Damen ab, die jetzt schon in zahlreiche­n Aufsichtsr­äten sitzen und die in Zukunft wohl noch mehr Ratsfunkti­onen werden annehmen müssen. Was eine typische alleinerzi­ehende, berufstäti­ge Mutter davon haben soll, erschließt sich ungefähr so sehr wie der Beitrag dieser Maßnahme zum Kapitel „Sicherheit“des koalitionä­ren Durchhalte­pakets.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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