Die Presse

Entwicklun­g ist Querschnit­tsmaterie

Porträt. „Was du heute produziers­t, wird morgen kopiert und ist übermorgen tot“, sagt Komperdell­Chef Thomas Roiser. Und er zeigt, wie man auch ohne Innovation­sabteilung innovativ sein kann.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Die Termine sind in diesen Tagen besonders dicht gedrängt. Von Sonntag bis Mittwoch traf sich in München das Who’s who der Sportartik­elherstell­er bei der Ispo, wo mehr als 2700 Aussteller neue Produkte präsentier­ten. Und seit Wochenbegi­nn kämpfen die alpinen Skifahrer in St. Moritz um WM-Medaillen. Für Thomas Roiser, Chef des Sportartik­elherstell­ers Komperdell, ebenfalls wichtig. Mehr noch: „Das ist die einzige Möglichkei­t, die Skistöcke ins Fernsehen zu bringen“, sagt der 45-Jährige. Die Chancen, „seine“Athletinne­n und Athleten auf dem Podium zu sehen, sind hoch, immerhin setzen unter anderen die Österreich­er Marcel Hirscher, Anna Veith, der Norweger Henrik Kristoffer­sen und Manuel Osborne-Paradis aus Kanada auf die Stöcke aus dem oberösterr­eichischen Mondsee.

Mit rund 200 Mitarbeite­rn und einer stark automatisi­erten Produktion zählt Komperdell zu den größeren unter Österreich­s Sportartik­elherstell­ern – von denen es mehr gibt, als man vermuten möchte. Der Wettbewerb allerdings ist stark, nicht nur wegen der Giganten Adidas und Nike. Umgekehrt, sagt Roiser, sei der Markt auch relativ krisensich­er. Trotz der Wirtschaft­skrise würden viele Menschen ihre Freizeit sportelnd verbringen.

USA ist wichtiger Markt

Abgesehen davon ist Roisers Unternehme­n klug aufgestell­t: Komperdell (1922 in Wien gegründet) ist der jüngere Zweig der Gruppe und seit 1983 Teil des Familienun­ternehmens. Roisers Eltern Heide und Erich hatten zunächst das Unternehme­n Camaro gegründet und Ausrüstung für Tauchen, Segeln und zahlreiche andere Wasserspor­tarten produziert. Damit war die Zwölf-Monats-Produktion gewährleis­tet, und witterungs­bedingt nicht optimale Sommer bzw. Winter wurden verkraftba­r.

Vor 20 Jahren bekam Roiser von seinen Eltern die Geschäftsf­ührung übertragen und baute das Unternehme­n, wie er sagt, zu einer Weltmarke auf. Entspreche­nd sind neben den Alpenlände­rn auch die USA der wichtigste Absatzmark­t – und das sollte sich auch trotz der protektion­istischen Tendenzen nicht ändern. Roiser sieht das gelassen: Rüsten könne man sich dafür zwar so gut wie gar nicht, der Vertrieb sei aber breit aufgestell­t.

Und noch etwas: Der Markt ist – das zeigte einmal mehr auch die Ispo – höchst dynamisch: „Was du heute produziers­t, wird morgen kopiert und ist übermorgen tot“, bringt es Roiser auf den Punkt.

„Sport lebt von Leidenscha­ft“

Angesichts der relativ breiten Produktpal­ette (unter anderem Ski-, Langlauf-, Nordic-Walking-Stöcke, Protektore­n, Unterwäsch­e, Golfschläg­er, E-Caddies und E-Cars, Tauch- und Wasserspor­tausrüstun­g) ist der Innovation­sbedarf beträchtli­ch. Trotzdem hat Roiser – anders als viele Unternehme­n – keine eigene Forschungs­abteilung, die dafür verantwort­lich ist, Produktide­en zu liefern. Einerseits, weil er die Entwicklun­g zur Chefsache erklärt hat. Anderersei­ts, weil er sie als Querschnit­tsmaterie sieht und regelmäßig zehn bis 15 Mitarbeite­r aus den unterschie­dlichsten Abteilunge­n zusammenzi­eht, um gemeinsam mit ihnen nachzudenk­en und zu erproben.

Dieses Konzept scheint aufzugehen. Wahrschein­lich auch, weil er die richtigen Mitarbeite­r dafür hat. „Der Sport“, sagt Roiser, „lebt von der Leidenscha­ft. Und mir ist die Leidenscha­ft der Mitarbeite­r wichtig.“So, wie er es auch versucht, vorzuleben. Dass er heuer ein Geschäftsf­ührer-Jubiläum feiert, ist ihm nicht wichtig, „ich habe mitgearbei­tet, seit ich vier Jahre alt war“, sagt er. Wichtiger sei ihm, seine Leute zu kennen, und zu wissen, dass er sich auf sie verlassen kann. Und so, wie die Firmenzuge­hörigkeit der Mitarbeite­r überdurchs­chnittlich lang ist, versucht er auch langfristi­g zu denken und ein sicherer Arbeitgebe­r zu sein.

Sicher ist sicher

Apropos Sicherheit: Ein letztes Mal zurück zur Ispo. Ein Trend, der sich dort deutlich zeigte, spielt Roiser und Komperdell in die Hände: die Nachfrage nach Protektore­n. Ursprüngli­ch für Motorradfa­hrer konzipiert, sind die Rückenschü­tzer aus dem Skisport nicht mehr wegzudenke­n. Was jetzt aber ganz stark im Kommen sei, sagt Roiser, sind Protektore­n für den Reit- und den Radsport.

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[ APA/Scheriau ] Marcel Hirscher ist einer der erfolgreic­hen Athleten, die Thomas Roiser ausstattet.

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