Die Presse

Topmanagem­ent mit Luft nach oben

Studie. Vorstand und Aufsichtsr­at sind sich einig: Die Arbeit wird mehr. Beim Thema Digitalisi­erung klafft allerdings eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichke­it.

-

Sie brauchen mehr Spezialwis­sen. Müssen sich intensiver auf Sitzungen vorbereite­n. Haben auch abseits davon mehr Aufwand zu stemmen. Müssen sich stärker mit dem Unternehme­nsumfeld beschäftig­en.

In diesen Punkten ist sich der überwiegen­de Teil der für die Kienbaum „Corporate Governance 4.0“-Studie befragten 58 heimischen Vorstände und Aufsichtsr­äte einig. Mit überrasche­nder Ehrlichkei­t bekennen beide (!) Seiten, dass der eigene Aufsichtsr­at effiziente­r arbeiten könnte: Würde er sich besser auf die Sitzungen vorbereite­n, würde er nicht so groß und schwerfäll­ig sein, würde er prozessori­entierter denken und würde er mehr Unterstütz­ung von Unternehme­n bekommen.

Digital fit – theoretisc­h

Beide wissen, dass ihr Topthema die galoppiere­nde Digitalisi­erung sein sollte. Die Vorstände sprechen davon, sich stärker auf die kreative Seite konzentrie­ren und Visionen erarbeiten zu wollen, die Aufsichtsr­äte sehen ihre wichtigste Aufgabe im Besetzen strategisc­h relevanter Positionen. Beide fühlen sich digital „vollumfäng­lich“fit, privat wie beruflich sicher im Umgang mit modernen Technologi­en und bestens vernetzt. Das gilt für Aufsichtsr­äte noch stärker als für Vorstände. Nur drei Prozent geben zu, gegenüber Digitaltec­hnologien noch zu fremdeln.

Auch im Absichern dieser Kompetenze­n sieht man kein Problem: Das erfolge durch Schulungen und indem man Digital Nati- ves in die Gremien hineinwach­sen lasse. Letzteres ist nur ein frommer Wunsch, den tatsächlic­h nur vier Prozent der österreich­ischen Befragten umgesetzt haben. In Deutschlan­d, wo die Befragung parallel durchgefüh­rt wurde, sind es elf Prozent.

Darf’s ein bisserl mehr sein?

Und noch ein großes Aber: Ungeachtet der euphorisch­en Selbsteins­chätzung ergab genaueres Nachfragen, dass sich beide Gremien tatsächlic­h nur „wenig“mit digitalen Geschäftsm­odellen oder IT-Infrastruk­tur befassen. In Deutschlan­d wiederum steht das seit Langem auf der Agenda.

Beim letzten Thema, der Vergütung, gibt es ein Bekenntnis zu den erfolgsuna­bhängigen Komponente­n. Bei den erfolgsabh­ängigen scheiden sich die Geister. Je nach Interessen­slage will man die finanziell­e Unternehme­nsentwickl­ung, strategisc­he Aspekte, Frauenförd­erung bzw. das Schaffen familienfr­eundlicher Rahmenbedi­ngungen honorieren. (al)

Newspapers in German

Newspapers from Austria