Die Infrastruktur der Mobilfunker nutzen
Glaubt man der Statistik, ist Industrie 4.0 erst bei einem Drittel der österreichischen Unternehmen angekommen. Beim Rest bedarf es noch großer Überzeugungsarbeit. Aus diesem Anlass lud „Die Presse“gemeinsam mit Hutchison Drei Austria am Dienstag, 14.2., zur Podiumsdiskussion „Internet der Dinge“in die Wiener Innenstadt-Eventlocation k47. Unter der Leitung von Eva Komarek, General Editor der Styria Media Group, diskutierten Rudolf Schrefl (CCO Hutchison Drei Austria), Christian Rupp (Sprecher Plattform Digitales Österreich der WKO), Gerald Steger (CEO von café+co) und Thomas Grechenig (Head of Industrial Software der TU Wien). Letzterer leitete die Veranstaltung mit einer Keynote-Rede ein, in der er das Internet der Dinge (IoT) aus der technologischen, humanistischen, politischen, handwerklichen und industriellen Perspektive beleuchtete. „IoT erlaubt in betrieblichen Strukturen, Abläufe klarer zu verstehen, effizienter abzuwickeln und besser zu überprüfen“, sagte der Techniker. „Die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Das Internet der Dinge ist auch ein Internet der Menschen. Wir sollten uns nicht alles von Silicon Valley diktieren lassen, sondern selbst zu Leadern werden.“Das rief WKO-Vertreter Rupp auf den Plan. Die Plattform Digitales Österreich versuche genau diese „hidden Champions“vor den Vorhang zu holen, um aufzuzeigen, dass es möglich ist, österreichisches Knowhow in die Welt zu tragen. In der Diskussion wurde klar, dass es bei Industrie 4.0 weniger um Automatisierung als um Individualisierung geht. „Es entstehen völlig neue Geschäftsmodelle, die nicht zwingend mit Technologie zu tun haben müssen, sondern mit veränderten Denkweisen“, meinte Rupp und regte mit einigen Beispielen zum Nachdenken an. „Was passiert etwa mit dem Fahrlehrer im Zeitalter des automatisierten Fahrens? Es ist wichtig, am Ball der Zeit zu bleiben, aber das verlangt nach guten Beratern.“
Sichere Infrastruktur
Um IoT zu nützen, bedarf es Infrastruktur. „Jeder fünfte Betrieb hat Abwanderungstendenzen, weil kein Breitband vorhanden ist“, sagte Rupp und plädierte für die Installation von Testregionen, aus deren Erfahrungen abgeleitet werden kann, was es für Breitband bedarf. Als Infrastrukturprovider konterte Rudolf Schrefl: „Wir sind beim Breitbandausbau schon sehr gut aufgestellt. Nun muss aber die Politik bei den selbstauferlegten Regulationen und Rahmenbedingungen Mut beweisen.“Bei der Datenregulierung habe Europa gegenüber den USA einen klaren Nachteil. Laut Uni-Professor Grechenig ist entscheidend, dass die Infrastruktur intelligent aufgebaut ist. Momentan geschehe eher das Gegenteil: Ohne Standards gehe die Koordination verloren. „Der Staat muss ein Pilotprojekt mit hochtransak- tionalen Systemen starten.“Derzeit bietet der Mobilfunk die beste Basis für eine IoT-taugliche Infrastruktur. Besonders punkto Sicherheit haben sie die Nase vorn. „Wir sind im Hochsicherheitsbereich, wo wir unsere Prozesse und vernetzten Systeme absichern müssen und regelmäßig von externer Stelle überprüft werden“, sagte Schrefl. „Diese Infrastruktur stellen wir Unternehmern im Kontext einer machine-to-machine Anwendung zur Verfügung.“Begrüßenswert, lobte Grechenig, betonte aber gleichzeitig: „Langfristig gibt es keine Alternative zu eigenen hochsicheren Infrastrukturen, plus entsprechende Hersteller. Jedoch ist das ein zehnjähriges Projekt.“
Aus der Praxis
Industrie 4.0 bedeutet für viele Unternehmer, sich nach der Decke zu strecken. Das richtige Maß zu finden, damit sich Investitionen rechnen, ist nicht leicht. café+co-Chef Steger berichtete aus eigener Erfahrung: „Wir haben an die 70.000 Espressoautomaten zwischen Bodensee und Moskau. 30.000 davon wurden online genommen. Damit sich das Projekt rechnet, müssen möglichst viele Transaktionen online genommen werden. Nur in der Kombination aus Digitalisierung, Robotik und Sensorik ist ein echte Produktivitätssteigerung zu erwarten.“