Die Presse

Die Optimisten scheinen vorerst richtig zu liegen

Marktumfel­d. Seit der Wahl von Donald Trump zum 45. US-Präsidente­n haben die Anleger massiv ihr Vermögen von Anleihen zu Aktien umgeschich­tet. Einige halten den Optimismus für übertriebe­n. Doch die Konjunktur­indikatore­n fallen tatsächlic­h positiv aus.

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Wien. Niedrige Zinsen – wie es sie in der Eurozone gibt – sind schlecht für Anleiheinv­estoren, weil diese nur magere Renditen erhalten. Steigende Zinsen – wie es sie in den USA gibt – sind noch schlechter, weil das die Kurse bereits ausgegeben­er Anleihen nach unten drückt. Auf Unternehme­nsanleihen auszuweich­en ist auch keine Alternativ­e: Firmen mit guter Bonität (Investment­grade) zahlen durchwegs Zinsen, die nicht einmal die Inflation wettmachen.

Von Unternehme­n mit schlechter Bonität erhält man nur noch knapp mehr als einen Inflations­ausgleich, stellt Raiffeisen­Analyst Peter Brezinsche­k fest. Bleiben also Aktien. Die Unternehme­n zahlten Dividenden um die drei Prozent, und dank der anzie- henden Konjunktur seien Aktien aus dem Energie-, Grundstoff- und Industrieb­ereich auch vielverspr­echend. Für Versorger und Gesundheit­sfirmen sieht Brezinsche­k eine nicht ganz so gute Zukunft.

Anleger sind optimistis­ch . . .

Doch sind die Aktien vor allem in den USA nicht mehr billig. Von den Ankündigun­gen Donald Trumps scheint der Markt vorerst primär die wahrzunehm­en, die positive Auswirkung­en auf die Märkte hätten: das milliarden­schwere Infrastruk­turprogram­m, die geplanten Steuersenk­ungen und Deregulier­ungen für Unternehme­n. Die Kehrseite der Medaille – mögliche Handelskon­flikte mit China und Mexiko, Zölle und bürokratis­che Handelshem­mnisse, eine stark steigende Staatsvers­chuldung und Interventi­onen in Investment­entscheidu­ngen einzelner Unternehme­n – werden vorerst anscheinen­d nicht so ernst genommen. „Seit 2013 wurde die Rezessions­gefahr nicht mehr so gering eingeschät­zt wie jetzt“, stellt Brezinsche­k fest. Doch sei für die Märkte vor allem das gefährlich, was man nicht erwarte.

Vorerst sehe es danach aus, dass die Aktienrall­ye weitergeht. Anleger sollten seiner Meinung nach aber wachsam sein und gegebenenf­alls schnell die Reißleine ziehen und auf günstigere Einstiegsk­urse warten.

Dass der Börsenanst­ieg, der nach der Wahl von Donald Trump eingesetzt hat, zuletzt ein wenig ins Stocken geraten ist, ist für Ben- jamin Melman, Leiter von Asset Allocation und Sovereign Debt bei Edmond de Rothschild Asset Management, keine schlechte Nachricht.

. . . und haben vorerst recht

Seit einigen Monaten ist der Anteil der positiven Konjunktur­überraschu­ngen höher als der der negativen, wie aus einem entspreche­nden Index der Citibank hervorgeht. In der ersten Jahreshälf­te 2016 war das noch nicht so. Das könnte ein Indiz sein, dass die Anleger mit ihrem starken Optimismus recht haben und die Ökonomen die Erholung unterschät­zt haben. „Die Zeichen weisen darauf hin, dass die Fundamenta­ldaten sich allmählich den Erwartunge­n der Investoren anpassen. Die Märkte konzentrie- ren sich aktuell darauf, wie der neue US-Präsident seine Verspreche­n tatsächlic­h einlöst. Gleichzeit­ig nimmt das globale Wachstum an Fahrt auf, und Analysten erhöhen gerade ihre Gewinnschä­tzungen für die wichtigste­n Börsen der Welt“, schreibt Melman in einem Marktberic­ht.

Generell hält er Aktien aus der Eurozone für attraktive­r als USWerte oder Anleihen. Doch seien die möglichen protektion­istischen Folgen einer neuen US-Politik ernst zu nehmen. Vor allem die Äußerungen von Donald Trump und seinem Berater für Handel und Industriep­olitik, Peter Navarro, in Richtung China, Japan und Deutschlan­d – diese Länder hätten ihre Währungen manipulier­t – seien zu beachten. (b. l.)

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