Die Presse

Wer Kapitalgar­antie will, zahlt viel

Geldanlage. Je niedriger die Zinsen sind, desto höher sind die Kosten für eine volle Absicherun­g des Ersparten, zeigt eine Studie. In den meisten Fällen zahlt man drauf.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Wer für das Alter spart, greift oft zu Produkten mit Kapitalgar­antie. Gewinnchan­cen, aber kein Verlustris­iko – wer wollte das nicht? Das Problem: Die Garantie ist in der Regel kein Geschenk des Anbieters. Man bezahlt sie selbst.

Die Produkte funktionie­ren so: Ein Teil des Kapitals wird in sichere Anlageform­en, etwa Staatsanle­ihen, investiert – und zwar so viel, dass man am Ende der Laufzeit inklusive Zinsen und Zinseszins­en 100 Prozent des ursprüngli­chen Kapitals zurückbeko­mmt. Der Rest fließt etwa in Aktien. Sollte der schlimmste Fall eintreten und der Wert aller Aktien auf null fallen, bleiben zumindest die 100 Prozent.

Doch rechnet sich eine solche Garantie? Eine Studie der Frankfurt School of Finance & Management im Auftrag von Standard Life zeigt, dass das meist nicht der Fall ist. Schon gar nicht in Niedrigzin­sphasen und bei langer Laufzeit.

In Hochzinsph­asen ist es noch relativ leicht, 100.000 Euro in 15 Jahren mit einer 100-prozentige­n Garantie zu versehen. Wenn sichere Staatsanle­ihen fünf Prozent Zinsen abwerfen, braucht man – ohne Berücksich­tigung von Steuern und Gebühren – nur 48.102 Euro in solche Anleihen zu investiere­n, um nach 15 Jahren 100.000 Euro zu erhalten. 51.898 Euro investiert man in Aktien. Wenn die Aktien acht Prozent pro Jahr (Zinsen und Dividenden) abwerfen, hat man am Ende insgesamt 264.630 Euro.

Aktien können schwanken

Sind die Staatsanle­ihen mit nur einem Prozent verzinst, muss man 86.135 Euro aufwenden, um nach 15 Jahren 100.000 Euro zu bekommen. Für die Aktien bleiben nur 13.865 Euro. In Summe hat man dann nach 15 Jahren 143.982 Euro.

Verzichtet man auf die Kapitalgar­antie und investiert eine Hälfte in Aktien und die andere in Anleihen, erhält man unter der Annahme von fünf Prozent Anleihezin­sen und acht Prozent Aktienrend­ite 262.555 Euro, also 2075 Euro weniger als bei der garantiert­en Vari- ante. Liegen die Anleihezin­sen hingegen bei einem Prozent, hat man am Ende 216.657 Euro – also 72.675 Euro mehr als mit Garantie.

Nun könnte man einwenden: Natürlich kostet eine Kapitalgar­antie oft Geld, aber sie verhindert auch, dass man viel Geld verliert. Denn Aktien werfen eben nicht jedes Jahr exakt acht Prozent ab, sondern fallen manchmal sehr tief.

Für die Studie wurden zahlreiche Szenarien (auf Basis der Renditen auf dem deutschen Kapitalmar­kt zwischen 2000 und 2016) simuliert. Mit dem Ergebnis: Die Wahrschein­lichkeit, dass man ohne Garantie nach 15 Jahren weniger als 100.000 Euro hat, beträgt 1,2 Prozent. Im Schnitt bleiben einem dann immer noch 92.000 Euro.

In den meisten Fällen sind die Garantieko­sten (entgangene­r Vermögensg­ewinn durch die Garantie) hoch. Über sehr lange Zeiträume (z. B. 35 Jahre) können sie ein Vielfaches des Anlagebetr­ags ausmachen. In den wenigen Fällen, in denen sich die Garantie rechnet, ist die Differenz dagegen relativ klein.

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