Das Ende des Anleihemarktes ist da! (Oder doch nicht?)
Die Wahl Donald Trumps hat weltweit an den Börsen euphorische Reaktionen ausgelöst. Der „Reflation-Trade“, also eine Positionierung der Portfolios in Erwartung stärkeren Wirtschaftswachstums und das Ende der Deflationsängste hat die Börsen über die letzten Monate zu immer neuen Höchstständen getrieben. Fast unbemerkt ist dabei geblieben, dass auch ein Anstieg der Zinsen mit dieser Erwartungshaltung einhergegangen ist. Die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen ist im Zeitraum vom 07. Nov. bis zum 15. Februar um 1.83% auf 2.50% gestiegen. Und die Rendite zehnjähriger österreichischer Bundesanleihen ist im selben Zeitraum von 0.35% auf 0.65% gestiegen. Wir sprechen von „Regime Change“, dem Ende einer 20-jährigen Periode fallender Zinsen. Bei Anleihen entwickeln sich die Kurse invers zur Rendite. Als einfache Faustregel kann man die Preisveränderung als Renditeänderung mal Restlaufzeit schätzen. Der Renditeanstieg zwischen November und Februar hat daher bei der 4,85% Bundesanleihe März 2026 zu einem Kursverlust von 3.2% geführt. Der von Sparern sehnlich erwartete Zinsanstieg zurück auf „normale“Niveaus von 6% für 10-jährige Bundesanleihen (wie im Jahr 2000) oder 5% (wie im Juni 2008, vor der Finanzkrise) würde daher Kursverluste von 30% bis zu 40% für diese Papiere bedeuten . Erhebliche Verluste also - das oben beschworene „Ende des Anleihemarktes“- für alle Investoren, die die Anleihen nicht bis zur Endfälligkeit halten oder die ihr Portfolio auf den Marktwert in ihren Bilanzen abschreiben müssen. Mit anderen Worten: Nicht jeder wird von einem starken Zinsanstieg profitieren. Wie wahrscheinlich ist so ein Szenario? Nicht sehr wahrscheinlich aus unserer Sicht, hat unser Head of Fixed Income bei unserer Investorenkonferenz in Warschau letzte Woche (dazu mehr in meiner nächsten Kolumne) festgestellt: Denn die säkularen Kräfte, die die Zinsen in den letzten zehn Jahren fallen lassen haben, sind unverändert: Die Alterung der Weltbevölkerung - die zu höheren Sparraten und daher zur berühmten „Savings Glut“führt - das Sinken des Produktivitätswachstums und schließlich die extrem angestiegene globale Verschuldung, die einen scharfen Zinsanstieg kaum zulässt. Wir erwarten daher nur einen sehr langsamen Zinsanstieg, bei dem - insbesondere bei Unternehmensanleihen - Kupons und die Bonitätsverbesserung bei Wirtschaftswachstum die Kursverluste dämpfen oder kompensieren. In jedem Portfolio sollte daher weiter Platz für Anleihen und insbesondere für Unternehmensanleihen sein, und sei es nur aus Diversifikationsgründen. Also vielleicht ein bisschen Schrecken, aber sicher kein Ende des Anleihemarktes.