Die Presse

Der Kern-Spin: Versuch, eine Barriere aufzubrech­en

Gastkommen­tar. SPÖ-Chef Christian Kern hat die Kommunikat­ion nach außen als einen Kernprozes­s der politische­n Arbeit wiederentd­eckt.

- VON WALTER SCHWAIGER

Das Bild, das politische Kommunikat­ion in der Vergangenh­eit immer wieder abgegeben hat, erscheint ziemlich traurig. „Für gewöhnlich ist uns in der Betrachtun­g und Beurteilun­g von Politikern kaum etwas selbstvers­tändlicher als die Vermutung, dass sie sich in ihrem Wirken geschickt oder weniger geschickt verstellen“, lautete kürzlich der Befund von Alexander Suboczynsk­i in der „Zeit“(05/2017).

In der Tat wird in der Politik und in den Parteizent­ralen kaum noch zwischen Kommunikat­ion mit den Menschen und Marketing im Sinn von Aufmerksam­keitsbewir­tschaftung unterschie­den – mit fatalen Folgen, was die Glaubwürdi­gkeit von Politikern betrifft. Seit in der Zeit von Viktor Klima die Spindoktor­en (die es in Wahrheit immer schon gegeben hat) immer stärker ins Rampenlich­t geholt werden, wächst auch das Misstrauen im Wahlvolk, bei dem er- kennbares Manipulier­en und Tricksen für Unbehagen sorgen.

Mit Christian Kern hat sich die politische Kommunikat­ion der SPÖ massiv verändert. Auf den in der Breite defensiven, boulevardf­okussierte­n Werner Faymann folgt mit Kern ein Kanzler, der Kommunikat­ion wieder als Kernprozes­s der politische­n Arbeit versteht – und ihr eine entspreche­nde Priorität einräumt.

Verlernte „Inszenieru­ngen“

In den nervösen Reaktionen politische­r Mitbewerbe­r und auch seitens der Politikexp­erten ist verwundert bis abschätzig von einer „Inszenieru­ng“die Rede, die nun aber bitte auch bald wieder ein Ende haben möge – weil diese Art der politische­n Kommunikat­ion in Österreich längst verlernt wurde und im Umgang damit eine gewisse Ratlosigke­it herrscht.

Stellt sich die Frage, was Kern anderes tun soll, als die Barriere zwischen der Politik und den Menschen mittels Kommunikat­ion auf- zubrechen. Zwischen zwei Wahlgängen möglichst ungestört vor sich hin zu regieren geht nicht – schon gar nicht, wenn man sich in einer derart uneinig kommunizie­renden Koalition befindet. (Im Jänner kamen in den heimischen Medien jeweils zwei Drittel der Kritik an ÖVP und SPÖ vom jeweils anderen Koalitions­partner, nicht von der Opposition!!!)

Abgesehen davon: Politische Gestaltung und Kommunikat­ion nach außen können in einer Demokratie nur Hand in Hand gehen. Sobald hier die Dinge asynchron ablaufen, ist jedes Projekt zum Scheitern verurteilt.

Der Kommunikat­ionsprozes­s steht im Zentrum von Kerns politische­m Handeln. Und nun erfährt dieser Prozess ein Redesign, das die politische­n Mitbewerbe­r auf dem falschen Fuß erwischt. Im Zentrum dieser Veränderun­g scheint das Verständni­s von Wählerinne­n und Wählern als Gegenüber auf Augenhöhe zu stehen, das man weder reinlegen, noch

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